Es ist wohl eine der häufigsten Fragen bei Sternführungen. Die Antwort darauf ist gar nicht so einfach. Letztlich aber geht auch im Weltall der Blick bis zum Horizont.

Im täglichen Leben sind wir daran gewöhnt, dass unser Blick durch Gebäude, Bäume und Berge eingeschränkt ist. Und selbst unter optimalen Bedingungen, in absolut flachem Gelände – also zum Beispiel auf einem Ozean – können wir nur etwa fünf Kilometer weit sehen. Weiter entfernte Objekte verschwinden durch die Erdkrümmung langsam unter dem Horizont.

Solche Einschränkungen gibt es natürlich beim Blick in die Tiefen des Kosmos nicht – und doch bleibt auch hier unsere Sichtweite beschränkt. Und zwar aus zwei Gründen: Erstens können wir nur Objekte sehen, die hell genug leuchten, und zweitens ist das Alter des Kosmos endlich, wodurch es auch für astronomische Beobachtungen einen Horizont gibt. Doch der Reihe nach.

Da sich die Strahlung eines Sterns gleichmäßig in alle Richtungen im Raum verteilt, nimmt sein Strahlungsstrom – die Energie, die pro Zeiteinheit eine Flächeneinheit durchströmt – quadratisch mit der Entfernung ab. Ein Stern, der doppelt so weit von uns entfernt ist wie ein anderer – ansonsten identischer – Stern, ist also nicht etwa nur halb, sondern gleich nur noch ein Viertel so hell. Die Helligkeit astronomischer Objekte nimmt also mit der Entfernung sehr schnell ab. Unsere Sonne wäre bereits aus einem Abstand von etwa 60 Lichtjahren mit bloßen Augen nicht mehr auszumachen.

Deshalb verwenden Astronomen große Teleskope: Nicht in erster Linie, um hohe Vergrößerungen zu erzielen, sondern um mit der großen Fläche des Objektivs möglichst viel Strahlung einzusammeln. Ein Teleskopspiegel mit einem Durchmesser von acht Metern sammelt etwa eine Million Mal mehr Licht ein als ein völlig an die Dunkelheit angepasstes menschliches Auge mit weit geöffneter Pupille. Mit einem solchen Teleskop könnten wir bei visueller Beobachtung unsere Sonne noch etwa bis aus einer Entfernung von 60.000 Lichtjahren sehen.

Das am weitesten entfernte Objekt, das wir mit bloßen Augen erkennen können, ist die Andromeda-Galaxie M31. Das 2,5 Millionen Lichtjahre entfernte System ist eine große Spiralgalaxie, die rund eine Billion Sterne enthält – und alles was wir am Nachthimmel von ihr sehen, ist ein unscheinbares, schwach leuchtendes Fleckchen.

Mit einem großen Fernrohr können wir natürlich viele weiter entfernte Galaxien sehen. Doch auch im großen Teleskop bleiben Galaxien bei visueller Beobachtung nur schwach leuchtende Fleckchen. Denn im Gegensatz zu den punktförmigen Sternen nimmt bei der Fernrohr-Beobachtung die Flächenhelligkeit einer Galaxie nicht zu – sie kann im Gegenteil bei ungünstiger Wahl der Vergrößerung sogar abnehmen. Bei visueller Beobachtung mit einem Teleskop mit einem acht Meter großen Objektiv würde eine 2,5 Milliarden Lichtjahre entfernte große Spiralgalaxie etwa so aussehen wie M31 mit bloßen Augen betrachtet am Nachthimmel.

Doch an den großen Teleskopen beobachten die Astronomen heute nicht mehr mit ihren eigenen Augen, sondern sie benutzen CCDs, Licht sammelnde elektronische Chips, wie sie sich auch in Digitalkameras befinden. Während das Auge immer nur eine Momentaufnahme des Teleskopbilds wahrnimmt, kann ein CCD das Licht über einen längeren Zeitraum sammeln – und so die wunderschönen kontrastreichen Galaxienbilder erzeugen, die wir aus Büchern und aus dem Internet kennen.

Und mit solchen Langzeitaufnahmen kann man dann auch in immer größere Entfernungen vordringen. Berühmt geworden ist beispielsweise das „Ultra Deep Field“ des Weltraumteleskops Hubble, das eine Million Sekunden oder umgerechnet insgesamt 11,3 Tage lang belichtet wurde. Auf diesem Bild sind noch Objekte zu erkennen, deren Licht 13 Milliarden Jahre gebraucht hat, um uns zu erreichen. Ein solch tiefer Blick ist deshalb gleichsam eine Art Zeitmaschine: Da das Licht 13 Milliarden Jahre zu uns gebraucht hat, sehen wir diese Objekte so, wie sie vor 13 Milliarden Jahren ausgesehen haben, etwa 800 Millionen Jahre nach dem Urknall. Wir können also zusehen, wie sich die ersten Galaxien im Kosmos bilden.

Und damit kommen wir dann auch zum kosmischen Horizont: Da das Universum 13,8 Milliarden Jahre alt ist, können wir kein Licht empfangen, das länger als 13,8 Milliarden Jahre unterwegs ist. Das Licht kann also auch keine größere Strecke als 13,8 Milliarden Lichtjahre zu uns zurückgelegt haben.

Tatsächlich können wir diesen Horizont sogar „sehen“: Knapp 400.000 Jahre nach dem Urknall wurde das Universum durchsichtig und die damals freigesetzte Strahlung erfüllt bis heute als kosmische Hintergrundstrahlung den Kosmos. Diese Hintergrundstrahlung kommt also quasi vom kosmischen Horizont.