Ostern ist am Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling. Doch in diesem Jahr fällt der erste Frühlingsvollmond auf den 21. März – Ostern ist jedoch nicht am 24. März, sondern erst am 21. April. Wie kann das sein, fragen sich viele Leser.

In der Tat: Der astronomische Frühling beginnt in diesem Jahr bereits am 20. März, und zwar exakt um 22:58 Uhr – dann nämlich überquert die Sonne auf ihrer Jahresbahn den Himmelsäquator von Süd nach Nord. Und schon am nächsten Tag, dem 21. März um 2:43 Uhr in der Frühe, ist Vollmond. Das ist ein Donnerstag, der darauf folgende Sonntag ist also der 24. März. Ostersonntag ist gleichwohl erst vier Wochen später, am 21. April.

Experten bezeichnen diese irritierende Abweichung als „Osterparadoxie“. Um zu verstehen, wie es zu Osterparadoxien kommt, müssen wir einen Blick in die Geschichte des Osterfests werfen. Ostern ist als Feier der Auferstehung Jesu Christi das wichtigste und älteste Fest der Christen. Nach neutestamentlicher Überlieferung ereigneten sich das letzte Abendmahl, die Kreuzigung und die Auferstehung zur Zeit des sieben Tage dauernden jüdischen Pessachfests, dessen Termin vom ersten Frühlingsvollmond abhängt. Die Kreuzigung fand demnach am Tag vor dem Schabbat, die Auferstehung „am dritten Tag“, also am Tag nach dem Schabbat statt, dem Sonntag in unserem christlichen Kalender.

Unter den christlichen Urgemeinden gab es zunächst keine Einigkeit über den höchsten Feiertag – für die einen war es der Tag der Kreuzigung, für die anderen jener der Auferstehung. Und während viele Gemeinden das Fest am Sonntag begingen, wählten manche stets den 14. Tag nach Neumond, unabhängig vom Wochentag. Einigkeit sollte das „Erste Konzil von Nicäa“ des römischen Kaisers Konstantin im Jahre 325 schaffen. Der Wortlaut des damaligen Beschlusses ist nicht erhalten, doch lässt sich aus einem Schreiben Konstantins entnehmen, dass das Osterfest nach Frühlingsanfang an einem Sonntag nach dem jüdischen Pessach-Fest zu feiern sei.

Und hier stoßen wir auf die erste Ursache der Osterparadoxien: Im damals benutzten Julianischen Kalender war der Frühlingsanfang auf den 21. März festgelegt - unabhängig von dem exakten astronomischen Termin. So ist es bis heute geblieben: Obwohl also in diesem Jahr der Frühling bereits am 20. März beginnt, beginnt er für die Berechnung des Osterdatums erst am 21. März – und damit ist der erste Vollmond nach Frühlingsbeginn erst am 19. April.

Aber die Geschichte der Osterregel ist damit keineswegs beendet. Denn eine genaue Vorschrift, wie das Datum für das Osterfest zu bestimmen sei, wurde damals nicht beschlossen. Die beabsichtigte Einheit aller Christen bei der Osterfeier erreichte das Konzil deshalb nicht – es sollte noch Jahrhunderte dauern, bis sich eine einheitliche Berechnung durchsetzte. Aber auch diese bis heute übliche Berechnung geht keineswegs von den exakten astronomischen Daten aus. Stattdessen wird das Datum des Vollmonds aus einer zyklischen Reihe aufeinander folgender Vollmonddaten, die auf dem sogenannten Meton-Zyklus beruhen, bestimmt. Die so ermittelten Vollmonddaten können jedoch um einen Tag von den astronomischen Vollmonddaten abweichen. Und so ist es auch in diesem Jahr: Der zyklische Vollmond fällt auf den 20., nicht auf den 21. März – ein Grund mehr also für die diesjährige Osterparadoxie.

Im Gegensatz zur frühchristlichen Zeit ist es heute für Astronomen kein Problem mehr, die exakten Zeiten von Frühlingsbeginn und Vollmond vorherzusagen. Doch das Datum des kirchlichen Osterfests hängt eben nicht von exakten Naturgesetzen, sondern von historisch entstandenen Regeln ab.