Röntgenblick zeigt, warum die Jets von Blazaren so hell strahlen

Manche supermassereiche Schwarze Löcher in fernen Galaxien leuchten ungewöhnlich hell. Ein internationales Forscherteam hat jetzt mithilfe des neuen Röntgenteleskops IXPE bei einem dieser Himmelsobjekte herausgefunden, warum: Eine starke Druckwelle in der Umgebung des Schwarzen Lochs beschleunigt Elektronen auf extrem hohe Energien – die diese Teilchen in Form elektromagnetischer Strahlung von Radiowellen über optisches Licht bis hin zu Röntgen- und Gammastrahlung wieder abgeben. Nun müsse man überprüfen, ob dieser Mechanismus bei allen derartigen Objekten die Ursache sei, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.

Nahezu alle Galaxien enthalten in ihrem Zentrum ein Schwarzes Loch mit der millionen- oder gar milliardenfachen Masse der Sonne. Die meisten dieser massereichen Objekte verhalten sich ruhig, sie senden keine Strahlung aus. Doch manche sind aktiv: Gas aus der Umgebung fällt in die Schwarzen Löcher hinein und leuchtet dabei auf. Durch das häufig starke Magnetfeld der Schwarzen Löcher wird ein Teil der einfallenden Materie abgelenkt und an den Polen der Schwarzen Löcher als gebündelte Materiestrahlen – Jets genannt – weit ins Weltall heraus katapultiert.

Ist ein solcher Jet zufällig nahezu exakt auf die Erde gerichtet, so leuchtet das aktive Schwarze Loch besonders hell als „Blazar“ auf. Seit langem wissen die Astronomen, dass die Strahlung der Blazare durch hochenergetische elektrisch geladene Teilchen zustande kommt – nur, wie diese Teilchen auf ihre hohe Energie beschleunigt werden, war bislang unklar. Um der Ursache auf die Spur zu kommen, müssen die Wissenschaftler die Polarisation der Strahlung bestimmen – ob also die elektromagnetischen Wellen in ein Vorzugsrichtung schwingen oder nicht.

„Bislang waren solche Messungen nur im Radiobereich und im optischen Bereich möglich“, erläutern Ioannis Liodakis von der Universität Turku in Finnland und seine Kollegen. „Damit erfassen wir aber nur Teilchen, die den Bereich der Beschleunigung bereits vor vielen Tagen bis hin zu Jahren verlassen haben. Nur mithilfe von Röntgenmessungen ist der Ursprungsort der Beschleunigung zu beobachten.“ Dafür fehlten bislang jedoch geeignete Instrumente.

Das hat sich mit dem am 9. Dezember 2021 gestarteten Röntgen-Weltraumteleskop IXPE – dem Imaging X-ray Polarimetry Explorer – der italienischen Weltraumbehörde ASI und der NASA geändert. Erstmals sind nun Messungen der Polarisation von Röntgenstrahlung bei Jets von Blazaren möglich. Im März 2022 richteten Liodakis und seine Kollegen IXPE auf den 500 Millionen Lichtjahre entfernten Blazar Markarian 501. Die Ergebnisse dieser Beobachtungen seien ein „entscheidender Durchbruch bei der Erforschung der Blazare“, kommentiert die nicht an der Arbeit beteiligte Astronomin Lea Marcotulli von der Yale University in den USA in „Nature“ die Bedeutung der Studie.

Denn die Messungen des Teams um Liodakis zeigen eine signifikante Polarisation der Röntgenstrahlung. „Das deutet auf eine Stoßwelle als Ursache der Beschleunigung der Teilchen“, so die Wissenschaftler. Als Stoßwelle bezeichnen Forscher eine besonders starke Druckwelle, die sich schneller als der Schall ausbreitet. Diese Stoßwelle entsteht, wenn die vom Schwarzen Loch im Jet gebündelte und auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigte Materie auf sich langsamer bewegendes Gas in der Umgebung stößt.

Zumindest bei dem Blazar Markarian 501 ist damit klar, das eine Stoßwelle als kosmischer Teilchenbeschleuniger agiert. Bleibt die Frage, ob das für alle Blazare der Fall ist – oder ob es vielleicht unterschiedliche Blazare mit unterschiedlichen Mechanismen für die Beschleunigung der Teilchen gibt. Mit IXPE haben die Astronomen jetzt jedoch ein Instrument zur Verfügung, um auch bei vielen anderen Blazaren per Röntgenblick in den Bereich der Beschleunigung vorzudringen und so eine Antwort auf diese Frage zu finden.

Bildquelle: Pablo Garcia (NASA/MSFC)