Massenzuwachs von Schwarzen Löchern im Herzen großer Galaxien deutet auf einen überraschenden Zusammenhang

Ende der 1990er Jahre stießen Astronomen auf einen seltsamen Befund: Unser Universum dehnt sich nicht nur – wie seit langem bekannt – aus, sondern diese Expansion nimmt auch noch Fahrt auf. Eine mysteriöse „Dunkle Energie“ scheint die Expansion zusätzlich anzutreiben. Ein internationales Forscherteam ist jetzt auf ein überraschendes Phänomen bei supermassereichen Schwarzen Löchern gestoßen, das die Dunkle Energie erklären könnte. Demnach sei das Innere der Schwarzen Löcher für die beschleunigte Expansion des Kosmos verantwortlich, erläutern die Wissenschaftler im Fachblatt „Astrophysical Journal Letters“.

„Wir finden deutliche Hinweise darauf, dass die Masse Schwarzer Löcher an die kosmische Expansion gekoppelt ist“, schreiben Duncan Farrah von der Universität Hawaii und seine Kollegen. „Und wir zeigen weiter, dass die sich aus der kosmischen Geschichte der Sternentstehung ergebende Produktion Schwarzer Löcher genau zu der Stärke der Dunklen Energie führt, die sich aus kosmologischen Beobachtungen ergibt.“ Damit hätten die Forscher die Dunkle Energie rein astrophysikalisch erklärt – ohne eine weitere Komponente zum physikalischen Standardmodell hinzuzufügen, wie etwa bislang unbekannte Kräfte oder Felder.

Das Team hat untersucht, wie die supermassereichen Schwarzen Löcher, die sich im Zentrum nahezu jeder Galaxie befinden, im Laufe der kosmischen Geschichte anwachsen. Die wichtigsten Prozesse dabei sind einerseits der Zustrom von Materie aus der Umgebung bei so genannten „aktiven“ Galaxien und andererseits die Verschmelzung von Schwarzen Löchern beim Zusammenstoß von Galaxien. Farrah und seine Kollegen haben sich jedoch auf große elliptische Galaxien konzentriert, die über Jahrmilliarden nahezu unverändert geblieben sind. In diesen, so die Annahme, sollten die zentralen Schwarzen Löcher kaum an Masse zunehmen.

Doch zu ihrer Überraschung fanden die Wissenschaftler auch hier ein erhebliches Wachstum: Innerhalb von neun Milliarden Jahren nahmen die Schwarzen Löcher um das 7- bis 20-Fache an Masse zu. Offenbar, so die Forscher, sei die Masse der Schwarzen Löcher an die Expansion des Kosmos gekoppelt. Die bisherige Beschreibung Schwarzer Löcher mit einer Singularität – einem Punkt unendlicher Dichte – im Zentrum sei fehlerhaft. Stattdessen müsse die Energie des Vakuum im Inneren Schwarzer Löcher berücksichtigt werden – und diese Energie nimmt durch die Ausdehnung des Weltalls stetig zu. Und damit, gemäß der berühmten Formel E = mc2 von Albert Einstein, auch deren Masse.

Bereits vor drei Jahren hatten Theoretiker der Universität Hawaii untersucht, welche Auswirkung die Energie des Vakuums auf die Entwicklung Schwarzer Löcher hat. Dabei waren sie nicht nur auf die jetzt tatsächlich beobachtete Kopplung der Masse an die Expansion gestoßen. Sie konnten auch zeigen, dass diese Kopplung, wenn sie eine bestimmte Stärke aufweist, im gesamten Universum gerade die Wirkung der vermeintlichen Dunklen Energie besitzt und die kosmische Expansion beschleunigt.

Die Analysen von Farrah und seinen Kollegen liefern für die Stärke der Kopplung einen Wert von 3 – und das ist genau der Wert, der nach Aussage der Theoretiker die beobachtete Dunkle Energie erklärt. „Wenn sich das bestätigt, ist das ein bemerkenswertes Ergebnis“, betont Farrah. Man habe damit nicht nur eine Erklärung für die mysteriöse Dunkle Energie gefunden, sondern auch einen neuen Zugang zur Beschreibung des Innenlebens Schwarzer Löcher.

Derzeit laufen mehrere internationale Beobachtungsprojekte zur genauen Vermessung der kosmischen Expansion. Sie sollen zeigen, ob und wie sich die Dunkle Energie im Laufe von Jahrmilliarden verändert hat. Und dann muss sich zeigen, ob das Ergebnis dieser Beobachtungen mit der Erklärung von Farrah und seinen Kollegen im Einklang ist oder nicht.

Bildquelle: UH Mānoa