Überraschend einfache Lösung für ein kosmologisches Problem

Seit Jahren gilt es als eines der großen Rätsel der Kosmologie: in einer bestimmten Region des Himmels, supergalaktische Ebene genannt, gibt es fast nur große elliptische Galaxien, während Spiralgalaxien dort auffällig selten vertreten sind. Manche Forscher spekulierten bereits über „neue Physik“ jenseits des heutigen Standardmodells als Erklärung für das Phänomen. Doch ein internationales Forschungsteam präsentiert jetzt eine überraschend einfache Lösung für das Problem: Es liege schlicht an unterschiedlichen physikalischen Bedingungen innerhalb und außerhalb der supergalaktischen Ebene, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Astronomy“.

Als supergalaktische Ebene bezeichnen Astronomen den Bereich bis in eine Entfernung von etwa zwei Milliarden Lichtjahren, in dem sich viele große Galaxienhaufen befinden. Doch nicht alle Galaxien gehören zu solchen Haufen, viele ziehen ihre Bahnen als kosmische Einzelgänger abseits solcher Zusammenballungen. „Galaxien unterschiedlichen Typs sind jedoch nicht in gleicher Weise im lokalen Universum verteilt“, beschreiben Till Sawala von der Universität Helsinki und seine Kollegen die bislang rätselhaften Beobachtungen. So liegen fast alle großen elliptischen Galaxien in der supergalaktischen Ebene, aber nur wenige Spiralgalaxien.

Mit aufwändigen Simulationen auf Supercomputern versuchen Astronomen, die Entwicklung von Strukturen im Kosmos – also die Bildung von Galaxienhaufen und noch größeren Strukturen wie der supergalaktischen Ebene – zu verstehen. Doch bislang lieferten solche Simulationen keine Erklärung für die unterschiedliche Verteilung von elliptischen Galaxien und Spiralgalaxien.

Bei dieser Art von Simulationen versuche man, statistisch repräsentative Ausschnitte des Kosmos zu erzeugen, bemängeln Sawala und seine Kollegen. Die reale kosmische Umgebung der Milchstraße müsse jedoch nicht typisch sein für das ganze Universum. Mit ihrer eigenen Simulation SIBELIUS DARK verfolgen die Forscher daher einen anderen Ansatz: Sie verfeinern die Anfangsbedingungen ihrer Berechnungen gerade so, dass sich Strukturen ergeben, die den tatsächlich beobachteten ähneln.

Auf diese Weise gelang es Sawala und seinen Kollegen tatsächlich, eine der supergalaktischen Ebene verblüffend ähnliche Struktur zu erzeugen. Mehr noch: In dieser Simulation kam es genau zu dem beobachteten Unterschied zwischen der Verteilung von elliptischen Galaxien und Spiralgalaxien. „Und unsere Simulation liefert uns die genauen Einzelheiten dazu, wie aus Spiralgalaxien durch Verschmelzungen große elliptische Galaxien entstehen“, betont Team-Mitglied Carlos Frenk Universität Durham in Großbritannien.

Damit liefert SIBELIUS DARK auch eine Erklärung für das Phänomen: In der supergalaktischen Ebene gibt es sehr viel mehr Galaxien – insbesondere innerhalb der Haufen – als außerhalb. Zusammenstöße und Verschmelzungen von Galaxien spielen deshalb dort eine größere Rolle als außerhalb dieser Ebene. Und entsprechend gibt es dort mehr aus den Verschmelzungen hervorgegangene große elliptische Galaxien, während die Anzahl der Spiralgalaxien abgenommen hat. „Das Standard-Modell der Kosmologie, in dem kalte Dunkle Materie den größten Anteil an Masse stellt, kann also die Beobachtungen vollständig erklären“, so Frenk. Neue Physik ist dafür nicht nötig.

Bildquelle: Till Sawala