Tausende von Sternen am ganzen Himmel gehörten ursprünglich zu dem Sternhaufen

Die Plejaden gehören zu den auffälligsten Sternengruppen am Himmel. Im Sternbild Stier sind sie im Winter am Abendhimmel als enge Ansammlung von sechs bis neun Sternen gut sichtbar. Im Fernrohr zeigen sich die Plejaden als Sternhaufen mit mehreren hundert Mitgliedern. Doch das ist längst nicht alles, wie jetzt Beobachtungen eines US-amerikanischen Forschungsteams zeigen. Tausende von Sternen, verstreut über den ganzen Himmel, gehörten ursprünglich ebenfalls zu den Plejaden, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Astrophysical Journal“.

Die Plejaden treten in den Mythen und Kalendern vieler Kulturen auf, etwa als die „Sieben Schwestern“ der griechischen Mythologie: Die sieben Töchter des Titanen Atlas und der Meeresnymphe Pleione wurden von dem Jäger Orion verfolgt. Um sie zu schützen, versetzte Zeus sie an den Himmel. Tatsächlich sind die Plejaden ein 440 Lichtjahre entfernter Sternhaufen, bestehend aus vielen hundert Sternen, die vor 100 Millionen Jahren gemeinsam aus einer großen Gaswolke entstanden sind.

„Die meisten Sternhaufen lösen sich im Verlauf von vielen zehn Millionen oder hundert Millionen Jahren auf“, schreiben Andrew Boyle von der University of North Carolina und seine Kollegen. Auch bei den Plejaden gab es seit langem die Vermutung, dass einige am Himmel verstreute Sternengruppen ursprünglich zu den Plejaden gehörten, da sie sich auf ähnlichen Bahnen durch die Milchstraße bewegen. Doch eine solche ähnliche Bewegung reicht als Beweis nicht aus – die Sterne müssten zusätzlich gleich alt sein. Die Altersbestimmung erwies sich jedoch bislang als schwierig.

Boyle und sein Team haben nun eine neue Methode zur Altersbestimmung entwickelt: Sie verwenden die Rotation der Sterne als eine Art „kosmischer Uhr“. Denn bei ihrer Entstehung drehen sich Sterne zunächst sehr schnell. Mit zunehmendem Alter nimmt das Tempo der Eigendrehung dagegen ab. „Indem wir messen, wie schnell Sterne sich drehen, können wir also Sternengruppen als zusammengehörig identifizieren, die für traditionelle Methoden zu weit verstreut sind“, erklärt Boyle.

Die Forscher verwendeten für ihre Analyse Archivdaten des Astronomie-Satelliten TESS. Der „Transiting Exoplanet Survey Satellite“ sucht seit 2018 am ganzen Himmel nach Planeten, die andere Sterne umkreisen. Über 600 solcher Exoplaneten hat TESS bereits aufgespürt. Gewissermaßen als Abfallprodukt fallen bei den TESS-Beobachtungen auch Daten über die Rotation von Hunderttausenden von Sternen an. Daraus konnten die Forscher Sterne herausfiltern, deren Alter mit jenem der Plejaden übereinstimmt.

Diese Sterne suchten Boyle und seine Kollegen dann im Archiv des europäischen Astrometrie-Satelliten Gaia, der von 2014 bis Anfang dieses Jahres die genauen Positionen und Bewegungen von knapp zwei Milliarden Sternen gemessen hat. So konnte das Team schließlich fünf große Gruppen von Sternen, sowie mehrere hundert einzelne Sterne identifizieren, die nicht nur zeitgleich mit den „Sieben Schwestern“ entstanden sind, sondern tatsächlich ursprünglich aus diesem Sternhaufen stammen. Als „Großen Plejadenkomplex“ bezeichnen die Forscher diese sich über eine Region von etwa 1500 Lichtjahre erstreckende Sternengemeinschaft.

„Wir erkennen nun also, dass viele Sterne in der Umgebung der Sonne zu großen, ausgedehnten Sternenfamilen gehören“, sagt Team-Mitglied Andrew Mann. „Unser Verfahren liefert einen neuen Weg, diese verborgenen Beziehungen aufzuspüren.“ Auf diese Weise hoffen die Wissenschaftler auch, den Ursprung unserer Sonne ausfindig zu machen – die vermutlich ebenfalls Teil einer größeren Sternenfamilie ist und aus einem gemeinsam entstandenen Sternhaufen stammt.

Bildquelle: Davide De Martin & the ESA/ESO/NASA Photoshop FITS Liberator