VLBI-Beobachtungen erlauben erstmals einen Blick auf den Entstehungsort der Plasmastrahlen - und zeigen, dass Schwarzes Loch und einfallende Materie im gleichen Sinn rotieren müssen

Westfort (USA) - Nahezu jede Galaxie beherbergt in ihrem Zentrum ein supermassives Schwarzes Loch mit der millionen- oder gar milliardenfachen Masse der Sonne. Viele dieser Schwarzen Löcher senden stark gebündelte Strahlen elektrisch geladener Teilchen aus, so genannte Jets, die sich mit nahezu Lichtgeschwindigkeit über mehrere hunderttausend Lichtjahre ausbreiten. Einem internationalen Forscherteam ist jetzt erstmals ein Blick auf den Entstehungsort dieser Jets geglückt. Wie die Astronomen im Fachblatt „Science“ berichten, ist diese Zone so klein, dass sich die Entstehung des Strahls nur mit einem rotierenden Schwarzen Loch erklären lässt, in das mit gleicher Drehrichtung Materie einfällt.

„Bislang gab es keine Beobachtung, deren Auflösung ausgereicht hätte, um diese Strukturen zu entdecken“, schreiben Sheperd Doeleman vom Haystack Observatory in Massachusetts und seine Kollegen. Die beste Auflösung lässt sich dadurch erzielen, dass weltweit Radioteleskope zu einem „Very Long Baseline Interferometer“ – kurz VLBI - zusammengeschaltet werden. Solche Beobachtungen wurden bislang im Zentimeter-Wellenlängenbereich durchgeführt. Doch die zentrale Region um supermassive Schwarze Löcher ist für Strahlung dieser Wellenlänge nicht durchsichtig.

Deshalb haben Doeleman und seine Kollegen für ihre VLBI-Beobachtungen Antennen zusammengeschaltet, die bei kleineren Wellenlängen operieren: das James Clerk Maxwell Telescope auf dem Mauna Kea, Hawaii, das Submillimeter Telescope des Arizona Radio Observatory und das Millimeterwellen-Array CARMA in Kalifornien. Als Objekt wählten die Forscher das Zentrum der Galaxie M87 aus. Mit einer Entfernung von 54,5 Millionen Lichtjahren und einem Schwarzen Loch mit der sechsmilliardenfachen Masse der Sonne „bietet diese Galaxie uns die beste Möglichkeit zur Untersuchung der Jets in der unmittelbaren Nähe des Schwarzen Lochs“, so die Wissenschaftler.

Die Messungen des Teams bei einer Wellenlänge von 1,3 Millimetern zeigen am Anfang des Materiestrahls eine Struktur, die mit einem Durchmesser von 110 Milliarden Kilometern nur etwa 5,5-mal größer ist als der so genannte Schwarzschild-Radius des Schwarzen Lochs. Ein Vergleich mit theoretischen Modellen der Jet-Entstehung – der Bündelung und Beschleunigung eines Teils der in das Schwarze Loch einfallenden Materie durch das Magnetfeld des Schwarzen Lochs – zeigt, dass diese astronomisch gesehen geringe Größe nur mit einem rotierenden Schwarzen Loch verträglich ist. Zudem, so Doeleman und seine Kollegen, müsse sich die einfallende Materie in einer Scheibe um das Schwarze Loch sammeln, die sich in der gleichen Richtung dreht wie das Schwarze Loch. Seit langem vermuten die Astronomen, dass die Produktion gebündelter Materiestrahlen von der Rotation des Schwarzen Lochs abhängt. Die Beobachtungen von Doeleman und seinem Team sind ein erster Schritt, diesen Zusammenhang zu ergründen.

Bildquelle: Avery E. Broderick/University of Waterloo/Perimeter Institute