Messungen der europäischen Sonde Venus Express zeigen: Seit 2007 ist der Schwefeldioxid-Anteil in der oberen Atmosphäre auf ein Zehntel abgesungen

Guyancourt (Frankreich) - Auf der Venus gibt es möglicherweise aktive Vulkane. Darauf deuten langfristige Schwankungen der Menge an Schwefeldioxid in der oberen Atmosphäre des Planeten hin, über die ein französisch-russisches Forscherteam im Fachblatt „Nature Geoscience“ berichtet. Bei Ankunft der Raumsonde Venus Express im Jahr 2006 war der Schwefeldioxid-Anteil zunächst zehnmal höher als erwartet, inzwischen ist er auf ein Zehntel des damaligen Wertes abgesunken.

„In der oberen Atmosphäre wird Schwefeldioxid innerhalb von Tagen durch das Sonnenlicht zersetzt“, erläutert Emmanuel Marcq vom Labor für Atmosphären-, Umwelt- und Weltraumbeobachtungen LATMOS im französischen Guyancourt. „Ein Anstieg des Schwefeldioxid-Anteils zeigt uns daher, dass irgendein Prozess den Stoff nach oben transportiert haben muss.“ Die Venus-Atmosphäre enthält im Mittel mehr als eine Million Mal so viel Schwefel wie die Lufthülle der Erde, überwiegend aber in den unteren Atmosphärenschichten. Dieser hohe Wert zeigt, dass es auf der Venus einst Vulkanismus gegeben haben muss – ob es aber heute noch aktive Vulkane gibt, ist bislang nicht geklärt.

Die amerikanische Sonde Pioneer Venus hatte bereits von 1978 bis 1992 ein ähnliches Absinken des Schwefeldioxid-Anteils beobachtet. Die Messungen von Venus Express zeigen, dass zwischen 1992 und 2006 ein erneuter Anstieg des Anteils stattgefunden haben muss – möglicherweise durch vulkanische Eruptionen. Marcq und seine Kollegen vermuten, dass es sich nicht um eine einzigen, starken Vulkanausbruch gehandelt hat, sondern eher um einen graduellen Anstieg der Aktivität mehrerer Vulkane. Frühere Messungen von Venus Express hatten bereits Variationen des Schwefeldioxid-Anteils innerhalb weniger Tage gezeigt, die sich ebenfalls durch Schwankungen der Vulkanaktivität erklären lassen könnten.

Auch wenn Marcq und seine Kollegen das Vulkanismus-Szenario vorziehen, gestehen sie doch die Möglichkeit ein, dass bislang unbekannte atmosphärische Prozesse für die Schwankungen verantwortlich sein könnten. „Vielleicht sehen wir hier eine Variabilität der atmosphärischen Zirkulation auf der Skala von Jahrzehnten“, so die Wissenschaftler, „möglicherweise ist die Atmosphäre der Venus erheblich komplexer als wir es uns vorgestellt haben.“

Bildquelle: ESA/AOES