Isotopenuntersuchungen an Meteoriten deuten auf ein Szenario ohne eine nahe Sternexplosion

Chicago (USA) - Bislang galt es unter Astronomen als ausgemacht: Eine nahe Supernova hat die Entstehung unseres Sonnensystems ausgelöst und die Gaswolke, aus der Sonne und Planeten entstanden sind, mit radioaktiven Elementen angereichert. Eine umfangreiche Untersuchung an Meteoriten durch zwei Forscher aus den USA weckt nun Zweifel an diesem Szenario. Im Gegensatz zu früheren Analysen finden sie keine Hinweis auf einen erhöhten Anteil an Eisen-60 im jungen Sonnensystem, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „Earth and Planetary Science Letters“.

„Wenn es einen hohen Anteil an Eisen-60 gab, so wäre das ein Beweis für eine Supernova“, erläutert Nicolas Dauphas von der University of Chicago. Denn dieses mit einer Halbwertszeit von 2,6 Millionen Jahren zerfallende Isotop kann nur durch die Explosion eines nahen Sterns in die Gaswolke gelangt sein, aus der das Sonnensystem sich gebildet hat. Mehrere Untersuchungen haben in der Vergangenheit Hinweise auf einen solchen erhöhten Anteil an Zerfallsprodukten von Eisen-60 in Meteoriten geliefert. Doch die früheren Studien sind nach Ansicht von Dauphas und seinem Kollegen Haolan Tang durch Verunreinigungen in dem untersuchten Material mit großen Unsicherheiten behaftet: „Die Ergebnisse klaffen um mehr als das Hundertfache auseinander.“

Die beiden Forscher haben deshalb eine große Zahl unterschiedlicher meteoritischer Materialien mit verbesserten Methoden untersucht. Sie kommen dabei auf einen deutlich niedrigeren Wert für den ursprünglichen Anteil an Eisen-60 als die früheren Analysen. „Dieser neue, niedrige Wert ist in Einklang mit der Aufnahme des Isotops aus dem interstellaren Medium“, so Tang und Dauphas. Es stamme also nicht von einer einzigen, nahen Supernova, sondern von einer Vielzahl explodierter Sterne, die das Gas zwischen den Sternen im Verlauf von Jahrmilliarden mit ihren Elementen angereichert haben. Für dieses Szenario spricht auch der Befund, dass das Eisen-60 gleichmäßig im jungen Sonnensystem verteilt war. Denn Tang und Dauphas finden keine Differenzen zwischen Meteoriten unterschiedlicher Herkunft.

Als weiteres Indiz für das Supernova-Szenario wurde bislang ein hoher Anteil an Zerfallsprodukten des Isotops Aluminium-26 in Meteoriten angesehen. Tang und Dauphas sehen aber auch hier einen anderen Prozess am Werk: Dieses Isotop kann, da es erheblich leichter als Eisen-60 ist, bereits durch starke Sternwinde großer, massereicher Sterne ins Weltall und damit auch in die Urwolke des Sonnensystems transportiert werden. „Es besteht also keine Notwendigkeit, eine nahe Sternexplosion anzunehmen“, so Dauphas.

Bildquelle: Nasa