Bislang genaueste Bestimmung der Distanz zur Großen Magellanschen Wolke ermöglicht künftig eine bessere Vermessung des Kosmos

Casilla (Chile) - Die Große Magellansche Wolke – eine Satelliten-Galaxie der Milchstraße – ist 163.000 Lichtjahre von uns entfernt. Das zeigt die bislang genaueste Messung dieser Distanz mithilfe einer seltenen Art von Sternen durch ein internationales Forscherteam. Frühere Messungen waren zwei- bis viermal ungenauer. Der exakte Wert sei ein solides Fundament für die Vermessung des gesamten Kosmos, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.

„Einhundert Jahre lang haben Astronomen versucht, die Entfernung zur Großen Magellanschen Wolke exakt zu messen“, erläutert Wolfgang Gieren von der Universidad de Concepcion in Chile. „Es hat sich als unglaublich schwer heraus gestellt. Jetzt haben wir das Problem endlich gelöst – und das mit einem Ergebnis, das auf zwei Prozent genau ist.“ Die genaue Kenntnis der Distanz zur Großen Magellanschen Wolke ist so wichtig, weil ein weiteres Verfahren zur Entfernungsbestimmung an Sternen dieser Galaxie geeicht wird.

Gieren und seine Kollegen haben für ihre Messung so genannte bedeckungsveränderliche Sterne beobachtet. Dabei handelt es sich um Doppelsterne, deren Bahnen gerade so liegen, dass die Sterne von der Erde aus gesehen regelmäßig voreinander vorüberziehen – sich also gegenseitig bedecken. Dies führt zu periodischen Abschwächungen der Gesamthelligkeit eines solchen Systems. Aus der genauen Messung dieser Schwankungen können die Astronomen Größe und Masse der Sterne, sowie ihre genauen Umlaufbahnen bestimmen. Kombiniert mit der Helligkeit ergibt sich daraus schließlich die Entfernung.

Bislang konnte dieses Verfahren nur bei sehr heißen und damit hellen Sternen angewendet werden. Unsicherheiten bezüglich der physikalischen Natur dieser Sterne führen allerdings zu relativ großen Fehlern bei der Bestimmung der Entfernung. Neue, extrem genaue Detektoren der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile haben es Gieren und seinen Kollegen nun ermöglicht, die Methode erstmals bei acht Bedeckungsveränderlichen anzuwenden, die jeweils aus zwei kühlen Roten Riesen bestehen. Bei diesen Sternen sind die Unsicherheiten erheblich geringer und das ermöglichte den Forschern die bislang beste Bestimmung der Entfernung.

Für weiter entfernte Galaxien verwenden die Astronomen so genannte Cepheiden-Sterne zur Entfernungsbestimmung. Bei diesen pulsierenden Sternen hängen Helligkeit und Pulsationsperiode zusammen. Die Messung der Pulsationsperiode erlaubt daher, auf die Helligkeit der Sterne und damit auch auf ihre Entfernung zu schließen. Allerdings muss dieses Verfahren an nahen Cepheiden geeicht werden – an den Cepheiden in der Großen Magellanschen Wolke. Die exakte Entfernungsbestimmung führt also zu einer Verbesserung der Cepheiden-Eichung und erlaubt damit künftig auch eine genauere Vermessung des gesamten Kosmos. Gieren und seine Kollegen wollen das Verfahren nun noch weiter verbessern. In einigen Jahren hoffen die Forscher, eine Genauigkeit von besser als einem Prozent zu erreichen.

Bildquelle: ESO/L. Calçada