In der rotierenden Scheibe aus Gas und Staub um den Stern TW Hydrae gefriert Kohlenmonoxid - und fördert so die Entstehung von Planeten

Cambridge (USA) / Garching - In der Gas- und Staubscheibe um den jungen Stern TW Hydrae zeichnet sich deutlich eine „Schneegrenze“ ab. Das zeigen Aufnahmen mit dem neuen Großteleskop ALMA der Europäischen Südsternwarte ESO. Der Übergang zwischen gasförmigem und gefrorenem Kohlenmonoxid finde etwa im 30-fachen Abstand Erde-Sonne von dem wenige Millionen Jahre alten Stern statt, berichtet ein internationales Forscherteam im Fachblatt „Science“. Es ist das erste Mal, dass Astronomen die direkte Aufnahme einer solchen Schneegrenze gelingt. Solche Übergänge sind von großer Bedeutung bei der Entstehung von Planeten.

„Wir können damit erstmals bislang verborgene Einzelheiten in der kühlen äußeren Zone eines anderen Planetensystems sehen“, erläutert Chunhua Qi vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics im amerikanischen Cambridge. „Das System von TW Hydrae hat viel gemeinsam mit unserem Sonnensystem, als es weniger als zehn Millionen Jahre alt war.“ ALMA, das Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array eignet sich besonders für den Nachweis der Strahlung von Molekülen bei niedriger Temperatur. Die Anlage besteht aus insgesamt 66 Antennen mit sieben bis zwölf Metern Durchmesser. Das Großteleskop steht auf dem 5000 Meter hohen Chajnantor-Plateau in der Atacamawüste in den nordchilenischen Anden.

In der rotierenden Gas- und Staubscheibe um einen jungen Stern hängt der Aggregatzustand flüchtiger Stoffe vom Abstand zum Stern und der damit abnehmenden Strahlungsintensität ab. Als erstes gefriert – von innen nach außen gesehen – gewöhnliches Wasser. Dann folgen Kohlendioxid, Methan und Kohlenmonoxid. Die gefrorenen Stoffe lagern sich auf Staubkörnen ab und helfen ihnen so, aneinander zu kleben und stetig größere Körper zu bilden. Jede Schneegrenze ist deshalb möglicherweise mit der Entstehung einer bestimmten Art von Planeten gekoppelt.

Die Abbildung der Kohlenmonoxid-Schneegrenze gelang Qi und seinen Kollegen auf indirektem Weg. Die Astronomen empfingen mit den ALMA-Antennen die Strahlung des Ions Diazenylium, das durch gasförmiges Kohlenmonoxid sofort zerstört wird. Wo das Diazenylium existiert, muss Kohlenmonoxid also gefroren sein. „Auf diese Weise haben wir gewissermaßen ein Fotonegativ des Kohlenmonoxid-Schnees in der Scheibe um TW Hydrae erhalten“, sagt Karin Oberg von der Harvard University. Kohlenmonoxid sei von besonderem Interesse, so die Forscherin weiter, weil es für die Bildung von Methanol nötig ist, einem wichtigen Baustein für komplexe organische Stoffe. Kometen und Asteroiden können diese Substanzen später in das innere Planetensystem befördern und so dort die Entstehung von Leben auslösen.

Bildquelle: Karin Oberg, Harvard University/University of Virginia