Fliehkraft lässt am Äquator des Sterns Materie abströmen – die dann in das Schwarze Loch fällt

Santa Cruz de Tenerife (Spanien) - Die Theorie der Sternentwicklung sagt ihre Existenz seit 15 Jahren voraus, jetzt haben Astronomen erstmals ein solches Sternsystem aufgespürt: Es besteht aus einem jungen, extrem schnell rotierenden Stern und einem Schwarzen Loch. Die Eigendrehung des so genannten Be-Sterns ist so rasant, dass durch die gewaltige Fliehkraft Gas an seinem Äquator abströmt und das Schwarze Loch füttert. Die Masse des Schwarzen Lochs beträgt zwischen dem 3,8- und dem 6,9-fachen der Sonnenmasse, schreibt das Entdeckerteam im Fachblatt „Nature“.

„Schwarze Löcher mit stellarer Masse wurden bislang stets durch ihre Röntgenstrahlung entdeckt“, erläutern Jorge Casares und seine Kollegen. „Diese entsteht durch die Akkretion von Gas, das entweder einem Stern kleiner Masse entrissen wird oder vom Sternwind eines massereichen Sterns stammt.“ Theoretische Entwicklungsmodelle von Doppelsternen zeigen jedoch, dass es noch einen anderen physikalischen Prozess gibt, der Schwarze Löcher in Doppelstern-Systemen füttern kann: Die extreme Rotation junger Sterne und das damit verbundene Abströmen von Materie am Äquator dieser Objekte.

Bislang war die Suche nach solchen Systemen erfolglos. Derzeit kennen die Astronomen zwar 81 Röntgenquellen, bei denen es sich um Doppelsysteme mit einem jungen, schnell rotierenden Be-Stern handelt. Doch in allen diesen Fällen handelt es sich bei dem Begleiter um einen Neutronenstern. Einzig das Doppelsystem MWC 656 geriet in den Verdacht es könne ein Schwarzes Loch beherbergen, „doch diese Vermutung basierte auf einer einzigen Messung der Bahngeschwindigkeit, auf einer fehlerhaften Klassifikation des Spektrums und auf einer sehr groben Schätzung des Neigungswinkels der Umlaufbahn“, so Casares und seine Kollegen.

Das Forscherteam präsentiert nun eine verbesserte Vermessung der Umlaufbahn des Systems, sowie den Nachweis von Strahlung, die offenbar aus der so genannten Akkretionsscheibe stammt. Dort sammelt sich die Materie, bevor sie in das Schwarze Loch hineinfällt. Die Beobachtungen zeigen, dass im System MWC 656 tatsächlich ein Schwarzes Loch durch die vom Be-Stern abströmende Materie gefüttert wird. Allerdings ist dieser Prozess weit weniger effektiv als die anderen, deshalb sendet MWC nur wenig Röntgenstrahlung aus. Dies sei auch die Erklärung dafür, so die Forscher, dass kein derartiges Objekt unter den bekannten Röntgen-Doppelsternen gefunden werden konnte.

Bildquelle: Nasa/JPL/Caltech