Astronomen entdecken Ringe um einen Asteroiden - und einen neuen Himmelskörper jenseits von Pluto

Kopenhagen (Dänemark) / Washington (USA) - Warum in die Ferne schweifen: Auch in unserem Sonnensystem gibt es noch Überraschendes zu entdecken. So zeigen Beobachtungen eines internationalen Forscherteams, dass der Asteroid Chariklo von gleich zwei dünnen Ringen aus Eis und Gesteinsbrocken umgeben ist. Bislang kannten die Astronomen solche Ringe nur von großen Planeten. Und zwei Himmelsforscher aus den USA haben am Rand des Sonnensystems, jenseits der Plutobahn, ein 450 Kilometer großes Objekt aufgespürt. Möglicherweise gebe es dort draußen nicht nur Hunderte von ähnlichen Himmelskörpern, sondern auch einen bislang unentdeckten Riesenplaneten, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.

„Bislang dachten wir, dass kleine Körper wie Chariklo keine Ringe haben können“, sagt Filipe Braga-Ribas vom brasilianischen Observatório Nacional, „wir haben daher auch nicht nach solchen Ringen gesucht und die Entdeckung war eine große Überraschung für uns.“ Chariklo ist mit einem Durchmesser von 250 Kilometern der größte Asteroid der so genannten Zentauren, einer Gruppe von Himmelskörpern, die ihre Bahn zwischen den Planeten Saturn und Uranus ziehen. Am 3. Juni 2013 zog das kleine Objekt von Südamerika aus gesehen genau vor einem Stern vorüber – eine günstige Gelegenheit für die Astronomen, aus der Zeitdauer dieser „Bedeckung“ genauere Informationen über Chariklo zu erhalten.

Sieben Sternwarten beteiligten sich an den Beobachtungen des nur wenige Sekunden dauernden Ereignisses. Doch die Astronomen sahen nicht nur die erwartete, kurzzeitige Abschattung des Sterns, sondern wenige Sekunden davor und danach zwei weitere, kleinere Abschwächungen des Sternenlichts. Die Messungen von mehreren Standorten aus erlaubten eine gute Rekonstruktion der Ursache: Zwei sieben und drei Kilometer breite Ringe umspannen den Asteroiden. Entstanden sind die Ringe, so vermuten die Forscher, durch den Zusammenstoß Chariklos mit einem anderen Himmelskörper. Die Astronomen nehmen weiter an, dass ein bislang unbekannter Mond des Asteroiden die Ringe mit seiner Schwerkraft zusammenhält.

Die Entdeckung des neuen Objekts am Rand des Sonnensystems ist dagegen kein Zufallsfund. Chadwick Trujillo vom Gemini Observatory auf Hawaii und Scott Sheppard von der Carnegie Institution for Science in Washington haben gezielt nach Himmelskörpern in einer von ihnen vermuteten „inneren Oortschen Wolke“ gesucht. Jenseits der Neptunbahn liegt der Kuipergürtel, der etwa 70.000 Objekte größer als 100 Kilometer enthält, darunter als prominentestes Mitglied den Zwergplaneten Pluto. Der Kuipergürtel endet recht scharf bei einem Sonnenabstand von 50 Astronomischen Einheiten, also dem 50-fachen des Erdbahnradius. Erst bei einer Entfernung von 1500 Astronomischen Einheiten beginnt die Oortsche Wolke, eine Reservoir aus Millionen von Kometen.

2003 wurde mit Sedna ein tausend Kilometer großer Himmelskörper in der Region dazwischen entdeckt. Mit 2012 VP113 haben Trujillo und Sheppard nun ein weiteres Objekt in dieser Region nachgewiesen. Aus der Größe der abgesuchten Himmelsregion schätzen die beiden Forscher ab, dass es in der inneren Oortschen Wolke etwa 900 ähnliche Himmelskörper mit Größen oberhalb von 1000 Kilometern geben könnte. „Einige dieser Objekte könnten sogar größer sein als der Mars oder die Erde“, so Sheppard. Mehr noch: Aus der Ähnlichkeit der Bahnen von Sedna und 2012 VP113 schließt das Forscherduo auf die Existenz eines noch größeren Planeten in einer Entfernung von mehreren hundert Astronomischen Einheiten, der die Orbits in der inneren Oortschen Wolke stört. „Die Suche nach ähnlichen Objekten sollte deshalb fortgesetzt werden“, so Sheppard, „denn wir können von ihnen viel über die Entstehung und Entwicklung unseres Sonnensystems lernen.“

Bildquelle: Lucie Maquet