Gas- und Staubscheiben um junge Doppelsterne sind gegen die Bahnebene geneigt

Swarthmore (Pasadena) - In unserem Sonnensystem ziehen alle Planeten ihre Bahnen ungefähr in ein und derselben Ebene. In Doppelsternen ist die Situation komplizierter: Die Planetensysteme der beiden Sterne stehen schräg aufeinander. Das zeigen Beobachtungen des jungen Doppelsterns HK Tauri durch zwei Astronomen aus den USA. Die protoplanetarischen Scheiben der beiden Sterne sind um über 60 Grad gegeneinander geneigt. Ob die Ebene einer der Scheiben mit der Bahnebene des Doppelsternsystems übereinstimmt, konnten die Forscher nicht ermitteln. Die relative Schrägstellung könne eine Erklärung für die seltsamen Umlaufbahnen vieler Planeten bei anderen Sternen liefern, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.

„Möglicherweise sehen wir hier die Geburt eines Planetensystems, das niemals zur Ruhe kommt“, sagt Eric Jensen vom Swarthmore College im US-Bundesstaat Pennsylvania. Der 450 Lichtjahre entfernte Doppelstern HK Tauri ist gerade einmal fünf Millionen Jahre alt. Beide Sterne sind noch von Gas- und Staubscheiben umgeben, in denen möglicherweise Planeten entstehen. Die Scheibe des einen Sterns ist gerade so orientiert, dass wir von der Erde aus auf ihre Kante blicken. Die Scheibe dämpft deshalb das Licht des in ihrem Zentrum stehenden Sterns stark ab und ist im optischen und infraroten Strahlungsbereich gut sichtbar.

Die Scheibe des zweiten Sterns ist gegen die Sichtlinie gekippt, das Licht des Sterns erreicht uns also ungedämpft und überstrahlt die Scheibe. Jensen und seine Kollegin Rachel Akeson vom Exoplanet Science Institute der Nasa im kaliforniscR. Hurt (NASA/JPL/Caltech/IPAC)hen Pasadena haben HK Tauri deshalb mit ALMA untersucht, dem „Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array“, einer internationalen Teleskop-Anlage in der chilenischen Atacama-Wüste. Im zwischen der Infrarot-Strahlung und der Radiostrahlung liegenden Bereich der Millimeter-Wellen leuchtet die Scheibe besonders hell und hebt sich so von dem Stern ab. Die ALMA-Messungen erlaubten es auch, die Rotation der Scheibe und daraus ihren Neigungswinkel zu bestimmen

Seit langem rätseln Astronomen, warum die Umlaufbahnen vieler Planeten bei anderen Sternen stark elliptisch oder stark geneigt sind. Eine mögliche Erklärung für die seltsamen Orbits wäre der Einfluss eines zweiten Sterns – aber nur, wenn die Bahnebene des Sterns nicht mit der ursprünglichen Bahnebene der Planeten übereinstimmt. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Bedingung in Doppelsternen bereits in ihrer Entstehungsphase erfüllt ist“, sagt Jensen. „Allerdings lassen sich wohl nicht alle seltsamen Planetenbahnen so erklären – dafür gibt es einfach zu wenig Doppelsterne.“

Bildquelle: S. Marchi, SWRI