Erste Ergebnisse der Rosetta-Mission: Wenig Eis an der Oberfläche, stark poröser innerer Aufbau

College Park/Boulder (USA) - Seit August vergangenen Jahres begleitet die europäische Raumsonde Rosetta den Kometen Tschurjumow-Gerassimenko, im November setzte sie den kleinen Lander Philae auf der Oberfläche des Himmelskörpers ab. Eine Leistung, die das Fachblatt „Science“ als den wissenschaftlichen Durchbruch des Jahres 2014 feierte. Jetzt präsentieren die an Rosetta beteiligten Forscher in sieben Fachartikeln in „Science“ die ersten Ergebnisse der Mission. Dabei wartet „Tschuri“ mit einer ganzen Reihe von Überraschungen für die Wissenschaftler auf.

„Kometen sind tatsächlich noch dunkler als Kohle“, erläutert Dennis Bodewits von der University of Maryland, „ihre Oberfläche ist von einer dichten Staubschicht bedeckt.“ Kometen sind Überbleibsel aus der Entstehungszeit des Sonnensystems, sie bestehen aus Wassereis, zu Eis gefrorenen Gasen, Gesteinsbrocken und Staub. Die Rosetta-Daten zeigen, dass die Materie im Inneren von „Tschuri“ vermutlich locker gepackt und stark porös ist. Nähert sich ein Komet der Sonne, so verdampft ein Teil seiner flüchtigen Bestandteile, an der Oberfläche bleiben die festen, dunkleren Stoffe zurück. Die Rosetta-Messungen zeigen sogar noch weniger Eis an der Oberfläche von „Tschuri“ als erwartet: Der Komet ist nahezu vollständig von einer dunklen Schicht aus organischen – also kohlenstoffhaltigen – Substanzen bedeckt.

„Tschuri“ hat eine ungewöhnliche Form, von den Forscher oft mit einer Gummiente verglichen: Er scheint aus zwei unterschiedlich großen Körpern – Kopf und Rumpf der Ente – zu bestehen, die miteinander verbunden sind. Die Beobachtungen von Rosetta zeigen nun, das der Komet hauptsächlich in der Verbindungregion – dem Hals der Ente – Gas und Staub ausstößt. Das wirft ein neues Licht auf die Entstehungsgeschichte des Himmelskörpers: Er ist möglicherweise nicht, wie zunächst angenommen, durch die Verschmelzung zweier ursprünglich getrennter Objekte entstanden. Stattdessen könnte erst der Ausstoß der flüchtigen Stoffe in der Halsregion zu seiner heutigen seltsamen Form geführt haben.

Das vom Kometen ausgestoßene Material bildet eine ausgedehnte Hülle aus Gas und Staub um den Himmelskörper, die Koma. „Beobachtungen mit Teleskopen von der Erde zeigen eine sehr gleichmäßige Koma, die sich nur langsam, im Verlauf von Stunden oder Tagen verändert“, so Stephen Fuselier vom Southwest Research Institute in Boulder. Doch die Rosetta-Messungen registrierten wesentlich schnellere Variationen, nicht nur bei der Dichte, sondern – noch überraschender – auch bei der chemischen Zusammensetzung. Zeitweilig dominiert in der Umgebung von Rosetta nicht wie erwartet Wasserdampf, sondern Kohlendioxid.

Da diese Veränderungen offenbar an die Rotation des Kometen gebunden sind – also davon abhängen, welche Regionen der Oberfläche im Sonnenlicht liegen -, spiegeln sie nach Ansicht der Wissenschaftler Unterschiede in der Beschaffenheit im Inneren von „Tschuri“ wieder. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass der Komet ursprünglich aus vielen kleineren Objekten entstanden ist, die sich in ganz unterschiedlichen Regionen des Sonnensystems gebildet haben. Jetzt sind die Rosetta-Forscher gespannt, wie sich die Aktivität des Kometen weiter entwickelt. Den sonnennächsten Punkt seiner Bahn erreicht „Tschuri“ am 13. August – bis dahin sollte der Ausstoß an Gas und Staub weiter zunehmen und zu beobachtbaren Veränderungen auf der Oberfläche des Kometen führen.

Bildquelle: ESA