Daten des europäischen Satelliten Planck zeigen: Forscher haben Einfluss von Staub unterschätzt

Paris (Frankreich) - Es war die astronomische Sensation im März vergangenen Jahres: Ein internationales Forscherteam verkündete, es sei erstmals auf die direkte Spur der kosmischen Inflation gestoßen. So nennen die Astronomen eine nur Sekundenbruchteile dauernden Epoche, in der sich der Kosmos unmittelbar nach dem Urknall rasant aufgebläht hat. Doch der Jubel war verfrüht. Genauere Messungen mit dem europäischen Satelliten Planck zeigen, dass das vom Spezialteleskop BICEP2 in der Antarktis aufgespürte Signal nicht vom Urknall, sondern von Staubwolken in unserer Milchstraße stammt.

„Als wir auf das Signal in unseren Daten stießen, haben wir uns auf die damals verfügbaren Modelle des Staubs in der Milchstraße verlassen“, erklärt John Kovac, der Leiter des BICEP2-Teams, entschuldigend. Doch inzwischen hat der Planck-Satellit genauere Werte für den Staub geliefert. In einer gemeinsamen Analyse haben die an BICEP2 und Planck beteiligten Forscher diese neuen Daten berücksichtigt. Dabei blieb dann von dem vermeintlichen Signal der kosmischen Inflation nichts mehr übrig.

Bei dem Signal, um das es bei dem wissenschaftlichen Disput geht, handelt es sich um wirbelförmige Muster in der kosmischen Hintergrundstrahlung. Etwa 380.000 Jahre nach dem Urknall wurde der Kosmos für elektromagnetische Strahlung durchsichtig. Aus dieser Zeit stammt die gleichmäßig aus allen Richtungen zur Erde kommende Hintergrundstrahlung. Dieses Strahlungsecho des Urknalls ist heute auf eine Temperatur von 2,7 Grad über dem absoluten Nullpunkt abgekühlt. Winzige Temperaturschwankungen in der Hintergrundstrahlung haben den Kosmologen bereits eine Vielzahl von Informationen über unser Universum, seine Entstehung und Entwicklung geliefert.

BICEP2 ist ein in der Antarktis stationiertes Spezialteleskop, das nicht die Temperatur, sondern die Polarisation des kosmischen Hintergrunds untersucht, also die Schwingungsrichtung der Strahlung. Das geradezu ruckartige, gewaltige Aufblähen des Kosmos in der inflationären Phase hätte Gravitationswellen erzeugt, Schwingungen von Raum und Zeit, so die Vorhersage der Theorie. Und diese Schwingungen wiederum hätten der kosmischen Hintergrundstrahlung ein charakteristisches Polarisationsmuster aufgeprägt. Genau so ein solches Muster, das erstaunlich gut mit den theoretischen Vorhersagen übereinstimmt, meinte das BICEP2-Team aufgespürt zu haben.

Doch die Auswertung der Daten ist komplex: Die Forscher müssen die ebenfalls polarisierte Strahlung von Staub in unserer Milchstraße korrekt abziehen. Hier kommt der ESA-Satellit Planck ins Spiel. Er hat von 2009 bis 2013 die bislang genaueste Untersuchung der kosmischen Hintergrundstrahlung durchgeführt. Noch in dieser Woche wollen die Planck-Forscher die kompletten Daten der Mission veröffentlichen. Vorab haben sie nun gemeinsam mit dem BICEP2-Team den Einfluss des galaktischen Staubs analysiert.

Im Gegensatz zu BICEP2 hat Planck die Polarisation der Hintergrundstrahlung bei drei verschiedenen Frequenzen gemessen. Auf diese Weise können die Forscher wesentlich genauer erkennen, welcher Anteil der Strahlung durch Staub in der Milchstraße produziert wird. Das Ergebnis ist für das BICEP2-Team enttäuschend: Die polarisierte Strahlung des Staubs ist mindestens doppelt so stark, wie das selbst unter optimistischen Annahmen erwartete Signal der Inflation. „Das bedeutet nicht, dass es keine Inflation gegeben hat“, betont Reno Mandolesi vom Planck-Team. Es könne immer noch ein Zeichen davon am Himmel geben – und die Suche danach gehe weiter.

Bildquelle: Esa