Europäische Raumsonde Rosetta beobachtet Veränderungen auf der Oberfläche von Tschurjumow-Gerassimenko

Göttingen - Sie sind kreisrund und mehrere hundert Meter groß und tief: Die Oberfläche des Kometen Tschurjumow-Gerassimenko weist zahlreiche auffällige Gruben auf, die einen Einblick in das Innere des Himmelskörper erlauben. Vermutlich handelt es sich bei ihnen um so genannte Schlundlöcher, entstanden durch den Einsturz von dicht unter der Oberfläche liegenden Hohlräumen. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Forscherteam, das die Gruben mit den Instrumenten der europäischen Raumsonde Rosetta untersucht hat. Die Beobachtungen zeigen, wie sich die Oberfläche des Kometen bei seiner Annäherung an die Sonne verändert, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.

„Solche Gruben kennen wir bereits von anderen Kometen, die von Raumfahrzeugen fotografiert wurden“, schreiben Jean-Baptiste Vincent vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen und seine Kollegen. Doch bislang herrsche keine Klarheit über die Entstehung dieser Einsenkungen. Einschlagkrater können es nicht sein, das zeigen sowohl die Form als auch die Anzahl der Gruben. Die Löcher müssen also durch endogene Aktivität verursacht sein, so die Forscher.

Vincent und seine Kollegen identifizierten insgesamt 18 Gruben auf der Oberfläche von „Tschuri“. Auffällig sei, so das Team, dass es zwei unterschiedliche Arten gibt: tiefe Gruben mit steilen Abhängen und flachere Gruben mit sanfter geneigten Abhängen. Die Beobachtungen mit den Instrumenten von Rosetta zeigen, dass von den Hängen der steilen, tiefen Gruben Strahlen aus Gas und Staub ausgehen. Eine vergleichbare Aktivität zeigen die flacheren Gruben nicht.

Von diesen Beobachtungen ausgehend, schließen Vincent und seine Kollegen auf den Entstehungsmechanismus. Danach verdampft unter der Oberfläche Eis und es entsteht ein sich langsam vergrößernder Hohlraum. Irgendwann ist diese Aushöhlung so groß, dass die Decke nicht mehr trägt und kollabiert – ein „Schlundloch“ entsteht. Ähnliche Vorgänge gibt es doch unterirdische Erosion auch auf der Erde. Der Einsturz setzt am Rand der Grube frisches Material frei, das dann weiter sublimieren kann – dadurch vergrößert sich das Schlundloch weiter und flacht sich dabei ab.

Die tiefen, steilen Schlundlöcher sind demnach jünger als die flachen. Ebenso deuten viele neue Schlundlöcher auf eine vergleichsweise junge Oberflächenformation, während glattes Terrain mit flachen Schlundlöchern geologisch älter ist. Aus Anzahl, Größe und Entwicklung der Gruben können die Forscher nun Rückschlüsse auf den Aufbau des Kometen unmittelbar unter der Oberfläche ziehen – zumal sich Tschurjumow-Gerassimenko weiter der Sonne nähert und deshalb noch aktiver werden dürfte. Seinen geringsten Abstand zu unserem Zentralgestirn erreicht der Komet am 13. August.

Bildquelle: Vincent et al./NPG