Kollidierende Weiße Zwergsterne als mögliche Ursache der Antiteilchen

Canberra (Australien) - Vor vier Jahrzehnten stießen Astronomen in der Milchstraße auf eine Strahlung, die von der paarweisen Vernichtung von Elektronen und Positronen stammt. Seither rätseln die Himmelsforscher, woher die Positronen, positiv geladene Antiteilchen der Elektronen, kommen. Besonders populär war in den letzten Jahren die Annahme, es handele sich bei diesen Antiteilchen um ein Zerfallsprodukt der rätselhaften, unsichtbaren Dunklen Materie, die unseren Kosmos erfüllt. Jetzt verwirft ein internationales Forscherteam diese Hypothese: Auf der Basis einer Analyse aller vorliegenden Daten und Modelle der Strahlung und der Sterne in der Milchstraße identifizieren die Wissenschaftler seltene Sternexplosionen, ausgelöst durch den Zusammenstoß Weißer Zwergsterne, als Ursprung der Positronen. Die Positronen lieferten also nicht, wie eigentlich erhofft, Informationen über die Dunkle Materie, stellen die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Astronomy“ klar.

„Es war insbesondere die Beobachtung, dass die Paarvernichtungsstrahlung aus dem Bereich der zentralen Verdickung der Milchstraße wesentlich stärker zu sein schien als aus der galaktischen Scheibe, die zu exotischen Erklärungen für die Positronen führte“, erläutern Roland Crocker von der Australian National University und seine Kollegen. Denn wenn die Positronen von Sternen stammen würden, müsste es – entsprechend der Zahl der Sterne in Verdickung und Scheibe – gerade umgekehrt sein. Die Dunkle Materie jedoch sollte im Zentralbereich der Milchstraße dichter sein als außen in der Scheibe und könnte so eine Erklärung für dieses Verhältnis liefern.

Neuere Beobachtungen insbesondere mit dem europäischen Gammastrahlungssatelliten Integral haben jedoch die Situation auf den Kopf gestellt: Sie zeigen ein Strahlungsverhältnis von 0,4 zwischen Verdickung und Scheibe, was nun in guter Übereinstimmung mit dem stellaren Massenverhältnis von 0,4 ist. Crocker und seine Kollegen haben diese neuen Ergebnisse zum Anlass genommen, nach möglichen Quellen von Positronen in Sternen zu suchen. Mit Blick auf die Energie der Positronen identifizieren die Forscher den Zerfall des radioaktiven Isotops Titan-44 als einzig mögliche Quelle für die Antiteilchen.

Woher aber stammt dann das Titan-44? Bislang gingen Astronomen davon aus, dass das meiste Titan-44 bei der Explosion massereicher Sterne produziert wird. Doch die dabei entstehende Menge des radioaktiven Isotops reicht nicht aus, um die galaktischen Positronen zu erklären, wie Crocker und seine Kollegen zeigen. Als wahrscheinlichste Produzenten von Titan-44 sehen die Forscher eine andere, seltenere Art von Sternexplosionen, die durch die Verschmelzung zweier Weißer Zwerge geringer Masse ausgelöst werden.

Um die Produktionsrate von Titan-44 bei diesen Explosionen mit der beobachteten Stärke der Paarvernichtungsstrahlung in Einklang zu bringen, müssen Crocker und seine Kollegen allerdings eine Reihe von Annahmen über den genauen Ablauf dieser stellaren Katastrophen machen. „Diese Annahmen erscheinen zwar vernünftig“, so die Forscher, „müssen aber noch durch hochaufgelöste Simulationen überprüft werden.“ Unabhängig davon zeige ihre Untersuchung jedoch, dass eine einzige stellare Komponente ausreiche, um die galaktischen Positronen zu erklären – exotische Annahmen über die Dunkle Materie seien dazu also nicht nötig.

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