Kleine Himmelskörper sind nach neuem Szenario erst später in die Region zwischen Mars und Jupiter gewandert

Bordeaux (Frankreich) - Der Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter ist möglicherweise ganz anders entstanden, als bislang angenommen: Die Region war demnach in der Frühzeit des Sonnensystems zunächst völlig leer. Erst später wanderten durch enge Begegnungen mit den neu entstandenen Planeten kleinere Himmelskörper in diese Region ein. Das zeigen jetzt Computersimulationen eines Forscher-Duos aus Frankreich. Das neue Szenario erkläre sowohl die geringe Gesamtmasse des Asteroidengürtels, als auch die Unterschiede zwischen seiner inneren und seiner äußeren Region, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Science Advances“.

„Der Asteroidengürtel enthält weniger als ein Tausendstel der Erdmasse“, erläutern Sean Raymond und Andre Izidoro von der Universität Bordeaux. „Zudem findet man im inneren Gürtel hauptsächlich Asteroiden mit heller Oberfläche, im äußeren Gürtel dagegen hauptsächlich Asteroiden mit dunkler Oberfläche.“ Beides ist im klassischen Szenario für die Entstehung des Asteroidengürtels schwer zu erklären. Denn danach handelt es sich bei den Himmelskörpern zwischen Mars und Jupiter um Überreste der Planetenentstehung, die sich unter dem Einfluss der Anziehungskraft des Gasriesen Jupiter nicht zu einem Planeten verdichten konnten.

Computersimulationen dieses Szenarios liefern jedoch eine Gesamtmasse für den Asteroidengürtel, die 2000-mal höher ist als die tatsächlich beobachtete. Enge Begegnungen zwischen den Asteroiden müssten also den größten Teil der Himmelskörper später aus der Region herausgeworfen haben. Ein solcher Prozess hätte aber vermutlich auch für eine Durchmischung der unterschiedlichen Arten von Asteroiden gesorgt.

Raymond und Izidoro starteten ihre Simulationen deshalb mit anderen Voraussetzungen. In ihrem Modell entstehen die erdähnlichen Gesteinsplaneten in einem Ring aus staubhaltiger Materie im inneren Sonnensystem, die äußeren Planeten in einem äußeren Ring aus Gas. Zwischen diesen Ringen – in der Region des heutigen Asteroidengürtels – klaffte ursprünglich eine nahezu materiefreie Lücke. Die Computersimulationen zeigen, dass die entstehenden Planeten übrig gebliebene kleine Himmelskörper in diese Lücke hineinschleudern. Und zwar hellere Asteroiden aus dem inneren Sonnensystem in die innere Zone, dunklere Asteroiden aus dem äußeren Sonnensystem in die äußere Zone der Lücke.

„Die Entstehung des Asteroidengürtels ist also einfach ein Nebenprodukt der Entstehung der terrestrischen Planeten und der großen Gasplaneten“, so Raymond und Izidoro. Die Region zwischen Mars und Jupiter sei demnach – wie im klassischen Modell – eine Art Lagestätte übriggebliebener Bausteine der Planetenentstehung. „Allerdings sind diese Bausteine nicht im Asteroidengürtel entstanden, sondern überall im Sonnensystem.“

Bildquelle: Nasa