Verdampfung von Gestein beeinflusste chemische Zusammensetzung der Planeten

Bristol / Oxford (Großbritannien) - Die Entstehung der Planeten unseres Sonnensystems lief offenbar mit noch größerer Gewalt ab, als bislang angenommen: Zusammenstöße haben die ersten kleinen Himmelskörpern – Planetesimale genannt – nicht nur immer wieder verflüssigt, sondern einen Teil des Gesteins sogar verdampfen lassen. So lassen sich die heute beobachteten Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung der erdähnlichen inneren Planeten erklären, wie unabhängige Untersuchungen eines internationalen Forscherteams sowie eines Forscher-Duos aus Großbritannien zeigen. Etwa 40 Prozent der Masse der ursprünglichen Planetesimale könnte durch Verdampfung verloren gegangen sein, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.

„Im Gestein der Erde gibt es deutlich weniger vergleichsweise leicht verdampfende Elemente wie Blei, Zink, Indium, sowie Alkalimetalle als in chondritischen Meteoriten“, erklären Ashley Norris und Bernard Wood von der University of Oxford in Großbritannien. Da diese Meteoriten jedoch eine chemische Zusammensetzung zeigen, die stark der Sonne ähnelt, sehen Astronomen in ihnen Überreste der allerersten Planetenbausteine. Bislang rätseln die Wissenschaftler deshalb, warum die Erde nicht die gleiche Zusammensetzung zeigt, wie die Chondriten – und warum sich auch die Zusammensetzung der Planeten untereinander unterscheidet.

Norris und Wood haben jetzt irdisches Gestein unter kontrollierten Bedingungen, die jenen in der Entstehungsphase des Sonnensystems entsprechen, geschmolzen und beobachtet, welche Elemente dabei bevorzugt verdampfen. Die Ergebnisse der Versuche zeigen, dass genau die Elemente besonders stark verdampfen, die heute im irdischen Gestein gegenüber den Chondriten abgereichert sind. „Das Schmelzen und Verdampfen durch Kollisionen von Planetenbausteinen – sowie eventuell auch durch den Zusammenstoß, der zur Entstehung des Mondes geführt hat – können also die Häufigkeit der leichter flüchtigen Elemente im irdischen Gestein erklären“, folgern Norris und Woods.

Unterstützung erhält das Forscher-Duo durch die Arbeit eines internationalen Teams um Remco Hin von der University of Bristol in Großbritannien. Die Wissenschaftler präsentieren die bislang genaueste Untersuchung des Verhältnisses zweier Magnesium-Isotope im irdischen Gestein und in Meteoriten. Im Vergleich zu Chondriten enthält das irdische Gestein einen geringeren Anteil des leichteren Magnesium-Isotops – für die Forscher wiederum ein Indiz für die Verdampfung von Gestein im Verlauf der Planetenentstehung. Sowohl Hin und seine Kollegen als auch Norris und Wood weisen allerdings darauf hin, dass der Gesteinsdampf nur bei relativ kleinen Himmelskörpern – etwa bis zur Hälfte der Größe von Pluto – der Anziehungskraft entkommen und ins Weltall entweichen kann. Der Verdampfungsprozess hat demnach bereits in einer frühen Phase der Planetenentstehung eine wichtige Rolle gespielt und die heutigen Planeten haben ihre Zusammensetzung von den in dieser ersten Phase entstandenen Planetenbausteinen geerbt.

Bildquelle: Philip J. Carter, University of Bristol