Aus den letzten Messungen der Raumsonde Cassini ergibt sich ein Alter von maximal 100 Millionen Jahren

Es war das “Große Finale” der Cassini-Mission: Von April bis September 2017 tauchte die US-amerikanische Sonde insgesamt 22-mal zwischen dem Planeten Saturn und seinem Ringsystem hindurch. Bei sechs dieser engen Passagen, die bis auf 2600 Kilometer an die oberen Wolkenschichten des Planeten heranführten, konnten die Wissenschaftler des Cassini-Teams die Bahn der Sonde über Radiosignale mit hoher Genauigkeit verfolgen – und daraus ein neues, exaktes Modell des Gravitationsfelds des Planeten ableiten. Die Daten zeigen nicht nur, dass die starken Winde in der Atmosphäre Saturns bis in eine Tiefe von mindestens 9000 Kilometern hinabreichen müssen, sondern auch, dass das Ringsystem mit zehn bis hundert Millionen Jahren viel jünger ist als der Planet selbst. Das Team berichtet in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts „Science“ über die Ergebnisse der Messungen.

Cassini war 1997 gestartet und hatte Saturn seit Juni 2004 umkreist. Da der Treibstoff der Sonde zur Neige ging und die Forscher eine etwaige Verschmutzung eines Saturnmonds bei einer unkontrollierten Kollision vermeiden wollten, leiteten sie im November 2016 mit einer Kurskorrektur das „Große Finale“, den kontrollierten Absturz in die Atmosphäre des Gasplaneten ein. Am 15. September 2017 verglühte Cassini schließlich.

Vor dem „Großen Finale“ hatte die Sonde ihre Bahn stets außerhalb der Saturnringe gezogen. Dadurch konnten die Forscher die Anziehungskräfte des Planeten und des Ringsystems bei einer Messung der Bahnbewegung nicht voneinander trennen. Das änderte sich mit den Passagen zwischen der Wolkenoberfläche und der innersten Ringkante. „Wir stießen auf eine Abweichung des Gravitationsfelds von den theoretischen Erwartungen“, schreiben Luciano Iess von der Universität Rom in Italien, Burkhard Militzer von der University of California in Berkeley und ihre Kollegen des Cassini-Teams.

Die gefundenen Abweichungen lassen sich hauptsächlich durch zwei Einflüsse erklären, so die Forscher. Der erste sei die differentielle Rotation der planetaren Atmosphäre, die als schnelle Ost-West-Bewegung der Wolkenbänder sichtbar ist. Sie müsse demnach bis in eine Tiefe von mindestens 9000 Kilometer hinab reichen. Der zweite Effekt ist der Einfluss der Materie des Ringsystems. Daraus errechnen Iess, Militzer und ihre Kollegen eine Gesamtmasse für die Ringe von 1,5 mal 10 hoch 19 Kilogramm – das entspricht etwa einem Fünftausendstel der Masse des Erdmonds.

Die Masse des Ringsystems ist über die dynamische Wechselwirkung mit den Monden des Planeten mit seinem Alter verknüpft. Demnach, so das Cassini-Team, könnten die Saturnringe nicht älter als zehn bis hundert Millionen Jahre sein. Im Vergleich zum Alter des Planeten von 4,5 Milliarden Jahren ist das Ringsystem also sehr jung. Dieser Befund deckt sich mit früheren Cassini-Messungen, die ein stetiges Abregnen von Ringmaterie auf den Planeten zeigen. Dieser Prozess müsste das Ringsystem innerhalb von etwa 100 Millionen Jahren völlig zerstören. Insgesamt scheinen die Saturnringe also ein kosmisch gesehen kurzzeitiges, vorübergehendes Phänomen zu sein.

Bildquelle: Nasa/JPL/Caltech