Radioastronomische Beobachtungen deuten auf Stoßwellen in einem intergalaktischen Filament

Die beiden 900 Millionen Lichtjahre von uns entfernten und 10 Millionen Lichtjahre auseinander liegenden Galaxienhaufen Abell 0399 und Abell 0401 sind nicht nur durch eine filamentartige Materiebrücke, sondern auch durch Magnetfelder und Ströme von relativistischen Elektronen miteinander verbunden. Das zeigen Beobachtungen mit dem Low-Frequency Array LOFAR, einer aus 25.000 kleinen, über die Niederlande, Deutschland, Schweden, Großbritannien und Frankreich verteilten Antennen bestehenden Radioteleskop-Anlage. Die Galaxienhaufen bewegen sich aufeinander zu und verschmelzen innerhalb von mehreren Milliarden Jahren miteinander. Dieser Prozess könnte zahlreiche Stoßwellen in dem verbindenden Filament auslösen und so die beobachteten Phänomene produzieren, schreiben die Forscher im Fachblatt „Science“.

Galaxienhaufen sind die größten bekannten Strukturen im Kosmos – sie können aus vielen tausend Galaxien bestehen. Verbunden sind diese Ansammlungen durch die Filamente, langgestreckte Strukturen aus Dunkler Materie, Gas und einigen wenigen Galaxien. Die Galaxienhaufen befinden sich gewissermaßen an den Knotenpunkten eines kosmischen Netzes aus Filamenten. Doch dieses Netz ist nicht statisch: Durch die gegenseitigen Anziehungskräfte können sich Galaxienhaufen aufeinander zu bewegen und schließlich miteinander verschmelzen. So auch die jetzt von Federica Govoni vom Cagliari Observatorium in Selargius, Italien, und ihre Kollegen mit LOFAR beobachten Haufen Abel 0399 und Abell 0401. In dem die Haufen verbindenden Filament stießen die Forscher auf ungewöhnliche Radiostrahlung.

„Die von uns gemessene Radiostrahlung kann nur durch relativistische Elektronen in einem Magnetfeld entstehen“, erklären die Astrophysiker. Diese Entdeckung kam für die Wissenschaftler überraschend, denn sie ist nicht im Einklang mit den bislang üblichen Modellen für Filamente zwischen Galaxienhaufen. „Danach können relativistische Elektronen dort maximal 300.000 Lichtjahre zurücklegen – mehr als eine Größenordnung zu wenig für die beobachtete Brücke aus Radiostrahlung zwischen den beiden Haufen“, so Govoni und ihre Kollegen.

Die Forscher vermuten daher, dass die Bewegung der Galaxienhaufen und die damit verbundenen Gasströmungen zu einer Vielzahl von Stoßwellen in dem Filament zwischen Abell 0399 und Abell 0401 führen. Computersimulationen des Teams zeigen, dass diese Stoßwellen die Elektronen dann immer wieder auf relativistische Geschwindigkeiten beschleunigen können.

Bildquelle: DSS, Pan-STARRS1, NASA, INAF, ASTRON