Astronomen bestätigen exotische Vorhersage Einsteins

Einstein hat wieder einmal recht: Der Pulsar PSR J1906+0746 ändert seine Rotationsrichtung gerade so, wie es die Allgemeine Relativitätstheorie vorhersagt. Das zeigen Radiobeobachtungen, über die ein internationales Forscherteam jetzt im Fachblatt „Science“ berichtet. Ursache dieser „Spin-Präzession“ ist das starke Gravitationsfeld eines weiteren Neutronensterns, der gemeinsam mit dem Pulsar ein Doppelsystem bildet. Die Wissenschaftler sagen auf Basis ihres Modells für das System voraus, dass die Radiopulse von PSR J1906+0746 durch die Änderung der Rotationsachse bis zum Jahr 2028 ganz verschwinden.

„Pulsare in Doppelsystemen werden durch relativistische Effekte beeinflusst“, erläutern Gregory Desvignes vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn und seine Kollegen. „Das führt zur Präzession der Rotationsachse des Pulsars. Damit ändert sich die Geometrie der Beobachtungssituation – und das lässt sich durch Beobachtungen überprüfen.“ Das Team hat deshalb PSR J1906+0746 über ein Jahrzehnt lang mit dem Arecibo-Radioteleskop in Puerto Rico überwacht.

Pulsare sind Neutronensterne mit einem starken Magnetfeld. Von den magnetischen Polen geht stark gebündelte Radiostrahlung aus. Da das Magnetfeld im Allgemeinen gegen die Rotationsachse des Neutronensterns geneigt ist, rotiert der gebündelte Radiostrahl wie der Lichtstrahl eines Leuchtturms durchs Weltall. Trifft der Radiostrahl dabei auf die Erde, so beobachten die Astronomen regelmäßige Radiopulse – daher auch die Bezeichnung „Pulsar“. PSR J1906+0746 hat eine Periode von 144 Millisekunden und die Umlaufzeit des Doppelsystems beträgt vier Stunden.

Die Messungen von Desvignes und seinen Kollegen zeigen 2005 zunächst nicht nur einen, sondern zwei Pulse pro Umdrehung des Pulsars – die Erde wurde damals also von den Strahlen beider magnetischer Pole getroffen. Einer dieser Pulse wurde jedoch im Laufe der Zeit schwächer und verschwand 2016 schließlich ganz: Offensichtlich hatte sich die Lage der Rotationsachse verändert. Aus diesen Daten, sowie Messungen der Polarisation der Radiostrahlung konstruierten die Forscher ein detailliertes Modell des Doppelsystems.

In diesem Modell stimmt die Änderung der Rotationsachse, mit der sich die Beobachtungen erklären lassen, mit den Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie für die Spin-Präzession überein. Allerdings lässt sich nicht vollständig ausschließen, dass auch andere Konfigurationen der beiden Neutronensterne die beobachtete Veränderung der Radiopulse erklären könnten. Glücklicherweise macht das Modell des Forscherteams jedoch eine dezidierte Vorhersage: Die Verlagerung der Rotationsachse von PSR J1906+0746 sollte demnach bis 2028 zu einem völligen Verschwinden der Radiopulse führen. Der Pulsar bleibt daher unter intensiver Beobachtung.

Bildquelle: Nasa / R. Kayser