Experimente und Simulationen zeigen, wie sich die „Abprall-Barriere“ überwinden lässt

Mithilfe von Experimenten im Fallturm Bremen und Computersimulationen ist es einem Forscherteam der Universität Duisburg-Essen gelungen, die „Abprall-Barriere“ bei der Entstehung von Planeten zu überwinden. Wie die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Physics“ berichten, können sich millimetergroße Partikel bei Zusammenstößen elektrostatisch aufladen. Und diese Aufladung „backt“ die Teilchen zusammen und führt so zur Entstehung von zentimetergroßen Objekten. Erst mit Materieklumpen dieser Größe kann dann die nächste Stufe der Entstehung immer größerer Körper bis hin zu Planeten einsetzen.

Junge Sterne sind von rotierenden Scheiben aus Gas und Staub umgeben. In diesen protoplanetarischen Scheiben entstehen Planeten, in dem sich aus den zunächst mikrometergroßen Staubpartikeln sukzessive immer größere Körper bilden. Zunächst formen sich aus den Staubpartikeln durch molekulare Oberflächenkräfte millimetergroße Klumpen. Haben sich erst einmal zentimetergroße Objekte gebildet, so führen Strömungsinstabilitäten und die Massenanziehung zur Entstehung von kilometergroßen Planetesimalen, die wiederum durch Kollisionen und Verschmelzung zu Planeten anwachsen.

Doch in diesem Modell gibt es eine Lücke. „Im Bereich von Millimetern bis Zentimetern prallen die Materieklumpen voneinander ab, statt miteinander zu verschmelzen – und damit stoppt das Wachstum“, erläutern Tobias Steinpilz und seine Kollegen das Dilemma. Mithilfe von Mikrogravitationsexperimenten im Fallturm Bremen haben die Forscher jetzt die Bedingungen in protoplanetarischen Scheiben reproduziert und gezeigt, wie sich diese „Abprall-Barriere“ überwinden lässt: durch die elektrostatische Aufladung der millimetergroßen Partikel. „Kollisionen erzeugen entgegengesetzt geladene Körnchen, selbst wenn die Körnchen identisch sind“, so die Wissenschaftler. Und diese entgegengesetzte Aufladung führt zu gegenseitiger Anziehung, verhindert damit das Abprallen und ermöglicht so die Entstehung zentimetergroßer Klumpen.

Mithilfe von Computersimulationen konnte das Team bestätigen, dass es zu der im Fallturm beobachteten Bildung von zentimetergroßen Objekten tatsächlich nur dann kommt, wenn sich die kleineren Körnchen elektrisch aufladen können. Steinpilz und seine Kollegen haben ihre Experimente der Einfachheit halber zunächst mit identischen Glaskügelchen durchgeführt. Ergänzende Versuche mit Kügelchen aus Basalt zeigen jedoch, dass die elektrostatische Aufladung dort sogar noch zehnmal stärker ist. Da Basalt näher an der tatsächlichen chemischen Zusammensetzung des Staubs um junge Sterne liegt, stärkt das den Befund der Forscher, dass die elektrostatische Aufladung eine entscheidende Rolle bei der Überwindung der Abprall-Barriere bei der Planetenentstehung spielt. .

Bildquelle: Nasa