Die Wärmestrahlung der Staubscheibe um einen jungen Stern ist in zwei Jahren auf ein Dreißigstel abgesunken - so etwas wurde niemals zuvor beobachtet

Athens (USA)So etwas haben die Astronomen noch nicht gesehen: Innerhalb von zwei Jahren ist die Staubscheibe um einen jungen, 456 Lichtjahre entfernten Stern verschwunden. Das zeigen Beobachtungen eines amerikanisch-australischen Forscherteams. Ein solcher Vorgang, der mit der Entstehung von Planeten im Zusammenhang steht, sollte nach theoretischen Vorhersagen Hunderttausende oder gar Millionen von Jahren dauern. Eine befriedigende physikalische Erklärung gäbe es für das rasante Verschwinden des Staubs nicht, schreiben die Astrophysiker im Fachblatt „Nature“. Die Entdeckung könne jedoch bedeuten, dass Planeten viel schneller entstehen, als bislang angenommen.

„Was wir gesehen habe, war erheblich schneller als die allgemein akzeptierte Zeitskala, so etwas wurde niemals zuvor beobachtet und auch nicht vorhergesagt“, erläutert Inseok Song von der University of Georgia im amerikanischen Athens. „Die Beobachtungen zeigen uns, dass wir noch sehr viel über die Entstehung von Planeten lernen müssen.“ Der von Song und seinen Kollegen beobachtete Stern mit der Katalog-Bezeichnung TYC 8241 2652 1 ist gerade einmal zehn Millionen Jahre als – ein Alter, in dem die Planetenentstehung ihren Höhepunkt durchlaufen sollte. Zum Vergleich: Unsere Sonne ist 4,5 Milliarden Jahre alt.

Nach den Modellen der Astronomen entstehen aus Staubkörnchen, die in einer Scheibe um einen jungen Stern kreisen, sukzessive größere Körper. Sind diese Himmelskörper groß genug, so ziehen sie mit ihrer Schwerkraft den noch übrig gebliebenen Staub an und reinigen so quasi ihre Umgebung. Umgekehrt erzeugt die Kollision von solchen Planetenembryos aber auch wieder neuen Staub. In einer Art Kaskade können die dabei entstehenden Trümmerstücke immer wieder miteinander zusammenstoßen und so zu feinem Staub zermahlen werden – und die Strahlung des Sterns kann diesen feinen Staub dann aus dem jungen System heraus blasen.

Song und seine Kollegen haben die Staubscheibe um TYC 8241 anhand von bereits 1983 aufgenommenen Bildern des Infrarot-Satelliten IRAS entdeckt. Der Staub absorbiert einen Teil der Strahlung des jungen Sterns, erwärmt sich dadurch auf 180 Grad Celsius und sendet die aufgenommene Energie dann als Wärme- oder Infrarotstrahlung wieder ab. Beobachtungen mit dem Gemini-Süd-Teleskop in Chile im Jahr 2008 zeigten erwartungsgemäß die gleiche Infrarotstrahlung wie 1983. Doch acht Monate später bot sich ein dramatisch verändertes Bild: Die Wärmestrahlung war um nahezu zwei Drittel abgefallen. Und 2010 war schließlich kaum noch Wärmestrahlung nachweisbar – der Staub um TYC 8241 war fast vollständig verschwunden.

Die Astrophysiker sehen zwei mögliche Erklärungsansätze für diese rasante Entwicklung: Entweder die Entstehung von Planeten verläuft wesentlich schneller und effizienter als erwartet – oder nach einer Kollisionskaskade bläst die Strahlung des Sterns den Staub viel schneller aus dem System als bislang angenommen. Doch beide Hypothesen lassen sich nicht ohne weiteres mit den derzeitigen Modellen der Planetenentstehung in Einklang bringen. Song und seine Kollegen sind möglicherweise auf eine Phase der Planetenentstehung gestoßen, die derart rasch verläuft, dass sie den Astronomen bislang entgangen ist. „Zwar sind die genauen Umstände noch unklar“, fassen die Forscher zusammen, „doch in diesem System ist es eindeutig zu einem einschneidenden Ereignis gekommen. Dieses Ereignis verspricht uns einzigartige Einsichten in den Prozess, durch den felsige Planeten entstehen.“

Bildquelle: Gemini Observatory/AURA artwork by Lynette Cook