Astronomen registrieren Radiostrahlungs-Ausbruch von einem Neutronenstern in der Milchstraße

Sie sorgen seit ihrer Entdeckung im Jahr 2006 für Kopfzerbrechen bei den Astronomen: nur Millisekunden andauernde Ausbrüche energiereicher Radiostrahlung in fernen Galaxien. Jetzt haben gleich mehrere Teleskope erstmals einen solchen schnellen Radioblitz innerhalb unserer Milchstraße registriert – und als Quelle einen bereits bekannten Magnetar, einen jungen Neutronenstern mit einem extrem starken Magnetfeld, identifiziert. Neben der Radiostrahlung konnten Detektoren mehrerer Satelliten-Observatorien auch Ausbrüche von Gamma- und Röntgenstrahlung nachweisen. Im Fachblatt „Nature“ berichten drei internationale Forscherteams über ihre Beobachtungen, die einen wichtigen Schritt zur Erklärung des Phänomens der schnellen Radioblitze darstellen.

Unter den vielen Theorien zur Erklärung der schnellen Radioblitze haben sich in den vergangenen Jahren Vorgänge im Zusammenhang mit den starken Magnetfeldern junger Neutronensterne – extrem dichte Überreste kollabierter Sterne – als Favoriten der Astronomen herauskristallisiert. Das Problem: Auch in der Milchstraße gibt es viele solcher Magnetare, doch bislang hatten alle beobachteten extrem kurzen Radioausbrüche ihren Ursprung in weit entfernten Galaxien. Das hat sich am 28. April dieses Jahres geändert: Die Spezialteleskope CHIME in Kanada und STARE2 in den USA registrierten einen schnellen Radioblitz, dessen Position mit dem schon bekannten Magnetar SGR 1935+2154 übereinstimmt.

Wie sich zeigte, hatten bereits am Vortag die Satelliten-Observatorien Swift und Fermi mehrere Ausbrüche von Gamma- und Röntgenstrahlung von dieser Quelle aufgespürt. Und bei der weiteren Überprüfung aktueller Daten von europäischen, russischen und chinesischen Detektoren im All stießen die Astronomen auf einen Röntgenausbruch, der zeitgleich mit dem Radioblitz empfangen worden war. Der Radioblitz vom 28. April ist damit der erste in der Milchstraße beobachtete Radioblitz, der erste Radioblitz, bei dem zeitgleich auch andere Strahlung nachgewiesen wurde, und der erste Radioblitz, der sich eindeutig mit einem Magnetar identifizieren ließ.

Die Forscher hoffen nun, dass eine weitere, detaillierte Auswertung der gesammelten Daten dieses Ausbruchs Rückschlüsse auf die physikalischen Prozesse liefert, die dieses Phänomen verursachen. Eine von vielen Forschern favorisierte Möglichkeit wäre beispielsweise, dass eine durch das Magnetfeld des Neutronensterns ausgelöste Teilcheneruption auf Gas in der Umgebung prallt, dort eine Stoßwelle verursacht, die ihrerseits schließlich zu dem Radioblitz führt.

Auf jeden Fall muss ein Modell erklären, warum es in der Milchstraße zwar viele Magnetare, aber nur wenige Radioblitze gibt. Entweder sind die Radioblitze so stark gebündelt, dass sie nur selten die Erde treffen. Oder es müssen bei einem Magnetar außergewöhnliche, selten anzutreffende Bedingungen herrschen, damit eine gewöhnliche Eruption zu einem Radioblitz führt. Der Radioblitz vom 28. April könnte den Astronomen dabei helfen, der Erklärung dieses Phänomens ein gutes Stück näher zu kommen.

Bildquelle: NASA's Goddard Space Flight Center/S. Wiessinger