Die Sonne verliert alle Planeten – aber erst in etwa 100 Milliarden Jahren

Am Ende steht unsere Sonne allein da: In etwa 100 Milliarden Jahren hat sie alle Planeten verloren. Das zeigen aufwändige Computersimulationen der fernen Zukunft unseres Sonnensystems durch drei US-amerikanische Forscher. Eine entscheidende Rolle spielen dabei nahe Vorübergänge anderer Sterne, die mit ihrer Anziehungskraft die Bahnen der Planeten stören. Diesen Effekt hatten frühere Simulationen nicht berücksichtigt. Instabilitäten, die zum Verlust der Planeten führen, treten deshalb erheblich früher auf als bislang vermutet, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Astronomical Journal“.

In sechs bis sieben Milliarden Jahren hat unsere Sonne den Wasserstoff-Vorrat in ihrer Zentralregion verbraucht – dann ist dort nicht länger die Kernfusion von Wasserstoff zu Helium möglich. Zwar gibt es weitere Prozesse – etwa die Verschmelzung von Helium zu Kohlenstoff – mit der die Sonne Energie produzieren kann. Doch die physikalischen Bedingungen im Inneren der Sonne verändern sich dabei und in der Folge bläht sie sich zu einem Roten Riesen auf und verschluckt dabei die drei innersten Planeten Merkur, Venus und Erde. Nach einigen hundert Millionen Jahren endet dann die Kernfusion in der Sonne endgültig: Sie schrumpft zu einem etwa erdgroßen Weißen Zwerg und kühlt über Jahrmilliarden langsam ab.

Bislang gingen Astronomen davon aus, dass die weiter außen liegenden Planeten Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun auch langfristig stabil um diesen Weißen Zwerg kreisen. Zwar nimmt die Masse der Sonne bei ihrer Verwandlung über einen Roten Riesen zum Weißen Zwerg etwa auf die Hälfte ab. Doch dadurch sollten die Planetenbahnen aufgrund der verringerten Anziehungskraft der Sonne lediglich langsam nach außen wandern. Computersimulationen sagten eine Stabilität über den gewaltigen Zeitraum von 10 hoch 18 Jahren voraus – das sind eine Trillion oder eine Milliarde Mal eine Milliarde Jahre. Zum Vergleich: Unser Universum ist heute 13,8 Milliarden Jahre alt.

Diese Prognose stellen Jon Zink von der University of California in Los Angeles und seine beiden Kollegen Konstantin Batygin vom California Institute of Technology und Fred Adams von der University of Michigan jetzt infrage. Bisherige Simulationen hätten, so kritisieren die drei Astrophysiker, einen entscheidenden Effekt vernachlässigt: den störenden Einfluss anderer Sterne, die nahe an unserem Sonnensystem vorüberziehen. Solche Vorübergänge sind zwar selten, aber in den langen Zeiträumen, um die es hier geht, spielen sie eben doch eine entscheidende Rolle, wie die Simulationen von Zink und seinen Kollegen zeigen.

Innerhalb von 30 Milliarden Jahren führen die Störungen dazu, dass die Bahnen der verbliebenen Planeten nicht länger regelmäßig, sondern chaotisch werden – und damit instabil. „Innerhalb von weiteren zehn Milliarden Jahren werden dadurch alle bis auf einen Planeten aus dem Sonnensystem herausgeworfen“, stellen Zink, Batygin und Adams fest. Aber auch der letzte Planet kreist nicht für alle Ewigkeit um die Sonne: In einem Zeitraum von weiteren 50 Milliarden Jahren kommt es zu mindestens einem extrem nahen Vorübergang eines Stern, durch den der Sonne auch der letzte Planet entrissen wird. „Unsere Analyse zeigt also, dass die dynamische Lebensdauer des Sonnensystems zwar viel länger ist als das derzeitige Alter des Universums“, schließen die drei Forscher, „aber sie ist deutlich kürzer als alle früheren Schätzungen.“

Bildquelle: NASA/SDO