Astronomen registrieren erstmals Gravitationswellen solcher Ereignisse

Die Gravitationswellen-Detektoren LIGO in den USA und Virgo in Italien haben erstmals die Verschmelzung eines Schwarzen Lochs mit einem Neutronenstern registriert. Und das gleich zwei Mal kurz hintereinander: Am 5. und am 15. Januar 2020 trafen die ungewöhnlichen Signale in den kilometergroßen Anlagen ein. Die ungewöhnlichen Ereignisse fanden etwa eine Milliarde Lichtjahre von der Erde entfernt statt. Das berichtet ein internationales Forscherteam nach langwieriger Auswertung der Daten jetzt im Fachblatt „Astrophysical Journal Letters“.

„Innerhalb von nur zehn Tagen haben unsere Detektoren gleich zwei derartige Signale aufgefangen“, freut sich Alessandra Buonanno vom Albert-Einstein-Institut Potsdam, die an der Entdeckung beteiligt ist. „Sie stammen von Schwarzen Löchern mit neun und sechs Sonnenmassen, die mit leichteren Objekten verschmolzen sind.“ Die Analyse der Gravitationswellen liefert für diese leichteren Objekte Massen von 1,9 und 1,5 Sonnenmassen – daraus folgern die Wissenschaftler, es habe sich um Neutronensterne gehandelt.

Gravitationswellen sind von Albert Einstein im Rahmen seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagten Schwingungen der Raumzeit. Sie entstehen stets, wenn große Massen sich stark bewegen – also beispielsweise bei der Kollision von Schwarzen Löchern oder Neutronensternen. Mit mehrere Kilometer großen Laser-Detektoren fahnden Forscher nach diesen Wellen, die sich mit Lichtgeschwindigkeit im Kosmos ausbreiten. Im September 2015 registrierte LIGO in den USA erstmals die Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher – eine wissenschaftliche Sensation, die mit dem Physik-Nobelpreis belohnt wurde.

Seither sind den Detektor-Anlagen viele Gravitationswellen ins Netz gegangen – jedoch nur von Verschmelzungen zweier Schwarzer Löcher oder zweier Neutronensterne. Zur Verwunderung der Astronomen waren bislang keine Ereignisse darunter, bei denen ein Schwarzes Loch einen Neutronenstern verschlingt. Das hat sich nun geändert. „Wir mussten lange darauf warten, solche Ereignisse nachzuweisen – umso mehr freuen wir uns jetzt, sie endlich eingefangen zu haben“, sagt Susan Scott vom australischen Centre for Gravitational Astrophysics. „Es ist das erste Mal – und dann gleich zwei Mal innerhalb von zehn Tagen.“

Das Signal vom 5. Januar 2020 hat zum Leidwesen der Forscher nur einer der beiden LIGO-Detektoren in den USA empfangen, da die anderen Anlagen gerade außer Betrieb waren. Dadurch konnten die Wissenschaftler nicht ermitteln, aus welcher Richtung die Gravitationswellen gekommen sind – lediglich die Entfernung von 900 Millionen Lichtjahren ergibt sich aus den Messdaten. Größeres Glück hatten die Forscher am 15. Januar, als beide LIGO-Detektoren und auch Virgo in Italien betriebsbereit waren. Hier ergab sich eine Entfernung von einer Milliarde Lichtjahren. Und mit drei Messungen konnten die Astronomen die Herkunft des Signals auf eine Region des Himmels eingrenzen, der etwa 2900 Vollmonden entspricht.

Beobachtungen mit anderen Teleskopen waren jedoch erfolglos – kein Lichtblitz aus einer fernen Galaxie kündete von der kosmischen Mahlzeit. Die Wissenschaftler folgern daraus, dass das Schwarze Loch den Neutronenstern als Ganzes geschluckt hat ohne ihn vorher zu zerreißen, „wie Pac-Man“, so Scott.

Die Forscher schätzen jetzt, dass bis zu einer Entfernung von einer Milliarde Lichtjahren etwa ein derartiges Ereignis pro Monat stattfindet – doch nicht alle davon sind mit den derzeitigen Detektoren nachweisbar. Gleichwohl setzen Buonanno, Scott und ihre Kollegen darauf, dass ihnen künftig häufiger Verschmelzungen von Schwarzen Löchern und Neutronensternen ins Detektor-Netz gehen. Denn aus einer Vielzahl solcher Ereignisse könnten die Astronomen neue Erkenntnisse über die Entwicklung massereicher Sterne – insbesondere in Doppelsystemen – zu Schwarzen Löchern und Neutronensternen gewinnen.

Bildquelle: A. S. Carvalho/A. Buonanno, D. Mihaylov, J. Steinhoff (Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik)