Sternexplosion hinter einem Galaxienhaufen könnte sehr genaue Bestimmung der kosmischen Expansion möglich machen

Astronomen haben ein Supernova entdeckt, die sich von der Erde aus gesehen hinter einem großen Galaxienhaufen befindet – und deshalb bereits nicht nur einmal, sondern schon drei Mal aufgeleuchtet ist. Der Galaxienhaufen wirkt mit seiner Gravitation wie eine große, aber unregelmäßig geformte Linse und erzeugt so mehrere Bilder des Hintergrundobjekts. Im Jahr 2037 ist ein viertes Aufleuchten der Supernova zu erwarten, berichtet das internationale Forscherteam im Fachblatt „Nature Astronomy“.

„Wenn das Licht eines weit entfernten Himmelsobjekts durch einen im Vordergrund liegenden Galaxienhaufen hindurch geht, wirkt dieser als Gravitationslinse und erzeugt mehrere Bilder des Hintergrund-Objekts“, erläutern Steven Rodney von der University of South Carolina in den USA und seine Team-Kollegen das Phänomen. „Ist die entfernte Strahlungsquelle variabel, so lässt sich dieser Gravitationslinsen-Effekt nutzen, um die Expansionsrate des Weltalls zu bestimmen.“ Denn die Lichtwege von der Quelle zur Erde sind für die Bilder unterschiedlich lang – entsprechend erscheinen Helligkeitsänderungen dort zu unterschiedlichen Zeiten. Die Zeitdifferenzen hängen dabei auch von der kosmischen Expansionsrate ab.

Bislang haben Astronomen diese Methode hauptsächlich bei Quasaren angewendet, hellen Kernen weit entfernter Galaxien im jungen Kosmos. Doch es ist schwierig, bei diesen Objekten intrinsische Helligkeitsänderungen von Störungen im Vordergrund zu trennen. Deshalb, so Rodney und seine Kollegen, benötige man viele Gravitationslinsen-Systeme, um zu verlässlichen Mittelwerten für die Expansionsrate des Kosmos zu kommen und die modellbedingten Fehler bleiben groß.

Die jetzt aufgespürte „Requiem-Supernova“ bietet dagegen die Chance, eine Genauigkeit von besser als einem Prozent zu erreichen. Das Licht der Sternexplosion benötigte 10,3 Milliarden Jahre, um die Erde zu erreichen. Nachdem das Forscherteam die Supernova auf Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble aus dem Jahr 2016 entdeckt hatte, durchforsteten die Astronomen das Hubble-Archiv und stießen auf zwei weitere Bilder der Supernova mit zeitlichen Unterschieden von 17 und 114 Tagen.

Ausgehend von der Lage der Bilder und den Zeitunterschieden konstruierten Rodney und seine Kollegen ein Modell des 3,8 Milliarden Lichtjahre entfernen Galaxienhaufens, der hier als Gravitationslinse wirkt. Dabei zeigte sich, dass das Gravitationsfeld des Haufens ein weiteres Bild der Supernova produzieren sollte – und dass dieses erst im Jahr 2037 aufleuchtet. Eine Beobachtung dieses vierten Bildes sollte eine Bestimmung der Zeitdifferenz auf wenige Tage genau ermöglichen, so die Forscher – was bei einer Zeitdifferenz von 20 Jahren zu einer Genauigkeit von etwa einem Prozent führt.

Mit einer einzigen Beobachtung – dem Aufleuchten des vierten Bilds – sei hier also eine sehr genaue Bestimmung der kosmischen Expansion möglich, betonen Rodney und seine Kollegen. Ähnliche Messungen erforderten dagegen bislang umfangreiche Beobachtungreihen. Die Requiem-Supernova könnte sich also als Glücksfall für die Astrophysik erweisen. Eine genaue Vermessung der Bilder von abgebildeten Hintergrundgalaxien könnte das Modell des Galaxienhaufens sogar noch verbessern und so die Genauigkeit weiter steigern.

Bildquelle: ESA/Hubble & NASA, A. Newman, M. Akhshik, K. Whitaker