Gravitationslinse hilft Astronomen bei der Beobachtung einer Sternexplosion

Astronomen ist es erstmals gelungen, eine weit entfernte Supernova schon wenige Stunden nach der Explosion zu beobachten. Dabei half dem internationalen Forscherteam ein glücklicher Umstand: Die Explosion fand hinter einem Galaxienhaufen statt, der mit seiner Gravitation als eine Art Vergrößerungslinse wirkt – und zudem gleich drei Abbilder der Supernova erzeugt hat. Bei dem explodierten Stern handelte es sich um einen so genannten Roten Überriesen, der etwa 530 Mal größer als unsere Sonne war, wie die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“ berichten.

Sterne erzeugen ihre Energie durch die Fusion von Atomkernen: Zunächst entsteht dabei aus Wasserstoff Helium, später auch schwerere Elemente bis hin zu Eisen. Deshalb bildet sich im Inneren großer Sterne ein Kern aus Eisen. Bei Sternen, die mehr als das Achtfache an Materie enthalten wie unsere Sonne, wird dieser Eisenkern schließlich instabil – er bricht unter der Last seiner eigenen Anziehungskraft zusammen und erzeugt einen Neutronenstern oder gar ein Schwarzes Loch.

Der Kollaps des Eisenkerns führt zu einer starken, nach außen laufenden Druckwelle – einer Stoß- oder Schockwelle. „Wenn diese Stoßwelle die Oberfläche des Sterns erreicht, führt sie dort zu einer rasanten Aufheizung“, erläutern Wenlei Chen von der University of Minnesota in den USA und seine Kollegen. Von der Erde aus gesehen wird der Stern dadurch extrem hell – er leuchtet als Supernova auf. „Durch die Aufheizung dehnt sich die äußere Hülle des Stern anschließend aus und kühlt dabei wieder ab“, so die Forscher weiter.

Aus dieser frühen Phase – dem rasanten Aufleuchten und der anschließenden Abkühlung – können die Himmelsforscher die Größe des explodierten Sterns ermitteln. „Solche Daten existieren jedoch nur für wenige nahe Supernova, und selbst dort gibt es keine Beobachtungen innerhalb des ersten Tags der Explosion“, schreiben Chen und seine Kollegen. Um das zu ändern, durchforstete das Team Archivdaten des Weltraumteleskops Hubble. Dabei richteten die Forscher ihr Augenmerk insbesondere auf große Galaxienhaufen.

Denn mit ihrer Schwerkraft lenken Galaxienhaufen das Licht weiter entfernter Objekte ab, sie wirken als „Gravitationslinse“ und können so weit entfernte Supernova überhaupt erst sichtbar machen. Mehr noch: Solche Gravitationslinsen können ferne Himmelsobjekte mehrfach abbilden. Da den unterschiedlichen Abbilder verschieden lange Lichtwege durch den Haufen entsprechen, sehen die Astronomen ein Objekt in den einzelnen Bildern dann zu etwas unterschiedlichen Zeiten – eine weiterer Pluspunkt für die Beobachtung von Supernova.

Beim Galaxienhaufen Abell 370 wurden Chen und seine Kollegen fündig: Hier war im Dezember 2010 eine Supernova aufgeleuchtet, die von der Gravitationslinse gleich dreifach abgebildet wurde. Das Licht des explodierten Sterns benötigte 11,5 Milliarden Jahre, um die Erde zu erreichen. Eines der drei Bilder zeigt die Supernova bereits etwa sechs Stunden nach der Explosion. Aus dem Verlauf der Helligkeit der Supernova ergibt sich für den ursprünglichen Stern der 530-fache Durchmesser der Sonne – in guter Übereinstimmung mit den theoretischen Erwartungen für einen Roten Überriesen.

Die Entdeckung des Teams zeigt, dass sich Supernovae im jungen Universum nicht auffällig von Sternexplosionen im heutigen Kosmos unterscheiden. Chen und seine Kollegen sehen ihre Beobachtungen darüber hinaus als Beispiel dafür, wie sich Sternexplosionen im frühen Universum mithilfe von Gravitationslinsen erforschen lassen. In den Archivdaten des Hubble-Teleskops könnten noch viele weitere solcher Ereignisse verborgen sein.

Bildquelle: NASA/ESA