Dunkle Himmelskörper liefern Einblick in die Frühgeschichte des Sonnensystems

Nizza (Frankreich) - Eine bislang unbekannte Familie dunkler Asteroiden haben Astronomen aus Frankreich, den Niederlanden und den USA im inneren Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter aufgespürt. Die Familie ist vermutlich bereits vor vier Milliarden Jahren durch den Zerfall eines größeren Himmelskörpers entstanden und damit eine der ältesten bekannten Asteroiden-Gruppen. Die Entdeckung zeige, dass Planetesimale – die Bausteine der Planeten – in der Frühzeit des Sonnensystems nicht sukzessive aus kleineren Gesteinskörpern, sondern direkt als größere Köper durch die Zusammenballung von Staub entstanden seien, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Science“.

„Ein Viertel der bekannten Asteroiden lässt sich mehr als hundert unterschiedlichen Familien – und damit Ursprungskörpern – zuordnen“, schreiben Marco Delbo von der Université Côte d’Azur in Nizza und seine Kollegen. „Die Zuordnung weiterer Asteroiden zu bislang unbekannten Familien kann uns einen Einblick in die kritische Phase der Planetenentstehung liefern, insbesondere in die Größenverteilung der Planetesimale.“

Traditionell gingen die Planetenforscher bislang von einem Koagulationsprozess aus, der von ersten Staubkörnchen über kleine Steinchen durch Kollisionen zu immer größeren Gesteinsbrocken und schließlich zu mehrere hundert Kilometer großen Planetesimalen führte. Neuere Modelle zeigen jedoch, dass auch ein alternativer Prozess möglich ist: Dabei verklumpen die Staubpartikel in der protoplanetarischen Scheibe um die junge Sonne direkt zu Planetesimalen, die Zwischenstufe kilometergroßer Körper entfällt hier also.

Um zu entscheiden, welches dieser beiden Szenarien korrekt ist, müsste die ursprüngliche Größenverteilung der Planetesimale bekannt sein. Das ist jedoch schwierig, da die meisten dieser Objekte entweder Planeten gebildet haben oder im Asteroidengürtel durch Zusammenstöße zu immer kleineren Himmelskörpern zerfallen sind. Hinweise auf die ursprüngliche Verteilung könnten Asteroiden-Familien liefern, also Gruppen von Asteroiden, die von jeweils einem ursprünglichen Körper stammen.

Delbo und seinen Kollegen gelang jetzt die Entdeckung einer bislang unbekannten Familie dunkler Asteroiden, so genannter kohliger Chondriten. Dabei handelt es sich um primitive, nahezu unveränderte Bruchstücke von Planetesimalen. Aufgrund der Verteilung der Umlaufbahnen der Mitglieder dieser neuen Familie schließen die Forscher auf ein Alter von vier Milliarden Jahren. Diese neue Familie enthält nahezu alle dunklen Asteroiden, die bislang keinem Ursprungskörper zugeordnet werden konnten. Die wenigen, nach dieser Entdeckung verbleibenden dunklen Asteroiden sind alle größer als 35 Kilometer. Delbo und seine Kollegen gehen davon aus, dass es sich bei ihnen um Mitglieder der ursprünglichen Population von Planetesimalen handelt. Da es keine kleineren dunklen Körper gibt, die keiner Familie zuzuordnen sind, spreche das dafür, „dass Planetesimale groß entstehen“, also nicht sukzessive durch Koagulation, so die Forscher.

Bildquelle: Nasa