Unsere Milchstraße ist eine verbogene Scheibe

Die dünne Scheibe unserer Milchstraße ist s-förmig verbogen. Das zeigt eine dreidimensionale Kartierung der Galaxis durch ein Forscherteam aus Polen, Großbritannien und den USA. Die Astronomen konnten diese bislang genaueste Karte der Milchstraße mithilfe von veränderlichen Sternen, den Cepheiden, erstellen. Insgesamt verwendete das Team die Entfernungen von über 2400 Cepheiden, von denen etwa die Hälfte im Rahmen von OGLE, eines Projekts zur automatischen Suche nach veränderlichen Quellen am Himmel, neu entdeckt worden waren. Die beobachtete Verteilung der Cepheiden lasse sich durch drei Episoden rasanter Sternentstehung in den Spiralarmen erklären, so die Forscher im Fachblatt „Science“.

„Unsere Karte zeigt, dass die Scheibe der Milchstraße nicht flach ist, sondern verbogen und verdreht“, erklärt Przemek Mroz von der Sternwarte der Universität Warschau. „Damit ist es uns erstmalig gelungen, diese Deformation mithilfe individueller Objekte in drei Dimensionen zu zeigen.“ Zwar gab es bereits zuvor Hinweise darauf, dass die Scheibe der Milchstraße verbogen ist. Doch diese Indizien waren indirekter Natur oder basierten auf Analogien zu anderen Galaxien.

Cepheiden sind pulsierende Sterne, die in der Astronomie eine wichtige Rolle bei der Bestimmung von Entfernungen spielen. Denn zwischen ihrer Leuchtkraft und ihrer Pulsationsperiode besteht ein enger Zusammenhang. Daher können Astronomen aus der Periode der Helligkeitsschwankung eines solchen Sterns dessen Leuchtkraft ermitteln – und damit über die von der Erde aus beobachtete scheinbare Helligkeit seine Entfernung. Im Rahmen von OGLE, dessen Hauptziel die Entdeckung von Gravitationslinsen ist, wurde neben vielen anderen veränderlichen Objekten auch zahlreiche neue Cepheiden aufgespürt. Insgesamt hat sich die Zahl der bekannten Cepheiden in der Milchstraße dadurch verdoppelt.

Diese große Anzahl der veränderlichen Sterne ermöglichte es Mroz und seinen Kollegen, die Verteilung dieser jungen Sterne besser als je zuvor darzustellen. Und dabei zeigte sich, dass ein großer Teil der Cepheiden systematisch entweder oberhalb oder unterhalb der galaktischen Ebene liegen. Woher diese Deformation – die sich nicht nur in der Milchstraße, sondern etwa bei der Hälfte aller Spiralgalaxien beobachten lässt – kommt, ist bislang unklar. Als Ursachen werden die Anziehungskräfte naher Galaxien und der Einfall von kleineren Galaxien in die größeren Spiralsysteme diskutiert.

Auffällig in der Verteilung der Cepheiden sind zudem drei bogenförmige Häufungen der veränderlichen Sterne. Das Team zeigt mithilfe von Computersimulationen, dass sich diese Strukturen durch drei Episoden erhöhter Sternentstehung in den Spiralarmen der Milchstraße erklären lassen, die etwa von 64, 113 und 175 Millionen Jahren stattgefunden haben.

Bildquelle: J. Skowron / OGLE / Astronomical Observatory, University of Warsaw