Astronomen suchen vergeblich nach Röntgenstrahlung hypothetischer Elementarteilchen

Die Dunkle Materie im Kosmos besteht offenbar nicht aus sterilen Neutrinos. Zu diesem Schluss kommt ein Team US-amerikanischer Astronomen, die im Halo unserer Milchstraße erfolglos nach einer beim Zerfall dieser hypothetischen Elementarteilchen entstehenden Röntgenstrahlung gesucht haben. Mehrere Forschergruppen hatten in den vergangenen Jahren Röntgenstrahlung bei weit entfernten Galaxien aufgespürt, die zu sterilen Neutrinos passt. Doch die jetzt im Fachblatt „Science“ veröffentlichten Messergebnisse des US-Teams zeigen, dass die Strahlung nicht vom Zerfall Dunkler Materieteilchen stammen kann.

„Eine Vielzahl astrophysikalischer Beobachtungen zeigt, dass Dunkle Materie etwa 80 Prozent der Materie im Kosmos ausmacht“, erläutern Christopher Dessert von der University of Michigan und seine Kollegen. Doch woraus diese Dunkle Materie bestehe, sei bislang ein Rätsel. Eine von mehreren derzeit favorisierten Erklärungsmöglichkeiten seien sterile Neutrinos. Die Existenz dieser Teilchen wird von manchen Theorien vorhergesagt, mit denen Physiker versuchen, die Gravitation mit den anderen Naturkräften in einem einheitlichen Modell zu vereinigen. Doch sterile Neutrinos sind schwer nachzuweisen, da sie kaum mit gewöhnlicher Materie in Wechselwirkung treten.

Um die Dunkle Materie zu erklären, müssten sterile Neutrinos eine Energie von einigen Kiloelektronenvolt besitzen. Die Teilchen könnten – zwar selten, aber kosmisch gesehen doch in großer Zahl – zerfallen und dabei Röntgenstrahlung erzeugen. Solche Röntgenstrahlung mit einer Energie von 3,5 keV wurde unlängst tatsächlich bei einigen Galaxienhaufen nachgewiesen – und sie könnte vom Zerfall steriler Neutrinos mit einer Energie von 7 keV stammen, also im richtigen Bereich der Energie. Wenn diese Vermutung korrekt ist, sollte allerdings auch die Dunkle Materie unserer Milchstraße 3,5 keV-Röntgenstrahlung erzeugen.

Nach dieser Strahlung haben jetzt Dessert und seine Kollegen mit dem europäischen Röntgensatelliten XMM-Newton gesucht. Keine leichte Aufgabe, da die vermutete Strahlung schwach ist und viele andere kosmische Röntgenquellen die Beobachtungen stören. Die Forscher suchten daher in „leeren Felder“ weit ab von allen bekannten Röntgenquellen nach der 3,5 keV-Strahlung, und zwar mit einer aufsummierten Belichtungszeit von einem ganzen Jahr. Doch die Astronomen empfingen – nichts. Die obere Grenze, die sich aufgrund der Messungen für die Stärke der 3,5 keV-Strahlung setzen lässt, ist um mehr als das Zehnfache niedriger als die vom Zerfall steriler Neutrinos zu erwartenden Strahlung. Für die bei anderen Galaxien gemessene Strahlung müsse es also, so folgern die Wissenschaftler, eine andere Erklärung geben als den Zerfall Dunkler Materieteilchen.

Bildquelle: C. Dessert et al.