Auf der Suche nach der Ursache unerwarteter Strahlungsausbrüche

Im Mai 2019 leuchtete Sagittarius A*, die Strahlungsquelle im Zentrum unserer Milchstraße, für zweieinhalb Stunden im nahen Infrarot-Bereich hell auf. Die Intensität des Ausbruchs übertraf die typische Strahlung aus der Region des supermassereichen Schwarzen Lochs im galaktischen Zentrum um mehr als das Hundertfache. Seither kommt das Herz der Milchstraße nicht mehr zur Ruhe, immer wieder registrieren Astronomen weitere Strahlungsausbrüche. Die wahrscheinlichste Ursache für die ungewöhnliche Aktivität sei der Einfall von Materie aus zwei ausgedehnten Gaswolken auf das Schwarze Loch, berichtet jetzt eine Wissenschaftlerin aus den USA im Fachblatt „Astrophysical Journal Letters“.

Das Zentrum der Milchstraße wird von einem Schwarzen Loch mit der 4,6-millionenfachen Masse unserer Sonne dominiert. Im Gegensatz zu supermassereichen Schwarzen Löchern in aktiven Galaxienkernen verhält sich Sagittarius A* ruhig und sendet nur wenig Strahlung aus. Ursache der Strahlung aus der Umgebung Schwarzer Löcher ist der Zustrom von Materie aus der Umgebung – und im Zentrum der Milchstraße gibt es nur wenig Gas und Sterne, die das galaktische Schwarze Loch „füttern“ könnten.

Lena Murchikova vom Institute for Advanced Study in Princeton hat jetzt die Umgebung von Sagittarius A* einer eingehenden Analyse unterzogen, um der Ursache der unerwarteten Strahlungsausbrüche auf die Spur zu kommen. Als Hauptverdächtige sieht die Forscherin dabei S- und G-Objekte. S-Objekte sind Sterne auf engen elliptischen Umlaufbahnen um das Schwarze Loch, die über Sternwinde – also aus der Sternatmosphäre abströmendes Gas – für einen Materiezustrom auf das Schwarze Loch sorgen könnten.

Rätselhafter sind die G-Objekte: Auch sie befinden sich auf engen, elliptischen Umlaufbahnen, besitzen aber kein punktförmiges, sondern ein entlang der Umlaufbahn auseinander gezogenes Erscheinungsbild. Das spricht dafür, dass es sich um Wolken aus Gas handelt. Andererseits besitzen die Objekte jedoch eine hohe Stabilität – möglicherweise enthalten sie jeweils einen Stern, der sie mit seiner Anziehungskraft zusammenhält.

Auf Basis der vorliegenden Daten kommt Murchikova zu dem Schluss, dass die Objekte G1 und G2 die seit Mai 2019 beobachteten Strahlungsausbrüche verursachen. Denn diese beiden G-Objekte sind in den vergangenen Jahren eng an dem zentralen Schwarzen Loch vorbei gezogen. Wenn diese Vermutung zutrifft, müsste die Aktivität von Sagittarius A* langsam wieder abnehmen, da sich G1 und G2 von dem Schwarzen Loch entfernen. Hält die Aktivität jedoch weiter über Jahre hinweg an, müssten sich die Astronomen nach einer anderen Ursache für die Unruhe im Herzen der Milchstraße umsehen.

Bildquelle: ESO/MPE/Marc Schartmann