Neigung der Rotationsachse hat starken Einfluss auf die Oberfläche der Himmelskörper
Der Zwergplanet Pluto und der Neptunmond Triton ähneln sich in Größe und Zusammensetzung und sind vermutlich in der gleichen Region des Sonnensystems entstanden. Gleichwohl unterscheiden sich ihre Oberflächen erheblich. Forscher der Universität Sorbonne in Paris haben nun den Grund dafür gefunden. Wie sie im Fachblatt „Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“ berichten, spielt die Neigung der Rotationsachse eine entscheidende Rolle bei der Bildung von Strukturen auf der Oberfläche.
„Pluto und Triton haben eine ähnliche Größe und eine ähnliche Dichte. Auch ihre Atmosphären und das Eis auf ihrer Oberfläche ist ähnlich zusammengesetzt, überwiegend aus Stickstoff, Methan und Kohlenmonoxid“, erläutern Tanguy Bertrand und seine Kollegen. „Doch die Helligkeit ihrer Oberflächen und die globale Verteilung von Eis sind sehr unterschiedlich. Wie lässt sich das erklären?“
Pluto galt ursprünglich als neunter Planet unseres Sonnensystems, denn wir die anderen Planeten ist er rund – während die kleineren Asteroiden unregelmäßige Formen zeigen. Doch er zieht seine Bahn in einer Region, in der es zahlreiche ähnliche Himmelskörper gibt, im „Kuiper-Gürtel“. Pluto zählt deshalb heute zu den Zwergplaneten.
Aufgrund seiner Ähnlichkeit zu Pluto gehen Astronomen davon aus, dass Triton ebenfalls zunächst ein Kuiper-Objekt war und von Neptun eingefangen worden ist. Dafür spricht auch die ungewöhnliche Umlaufbahn des Mondes: Sie ist sehr stark gegen die Bahnebene Neptuns geneigt und rückläufig, also entgegengesetzt zu den normalen Bewegungen im Sonnensystem.
Es sind im Wesentlichen zwei Effekte, die Bertrand und seine Kollegen dafür verantwortlich machen, dass sich die Oberflächen der beiden Himmelskörper trotz all dieser Ähnlichkeiten unterschiedlich entwickelt haben. So ist Triton aufgrund seiner Nähe zu dem großen Eisplaneten Neptun starken Gezeitenkräften ausgesetzt. Das führt zu einer ständigen Erneuerung der Oberfläche etwa durch Eis-Vulkanismus. Tritons Oberfläche ist deshalb durchgehend jünger als jene Plutos und weist erheblich weniger Einschlagkrater auf.
Dem zweiten wichtigen Effekt sind die Forscher durch Computersimulationen der Entwicklung der beiden Himmelskörper auf die Spur gekommen: Es ist die unterschiedliche Achsneigung, die einen starken Einfluss auf Jahreszeiten und Klima hat und damit über die Ablagerung von Gasen in Form von Eis auf der Oberfläche entscheidet.
Die Rotationsachse von Pluto ist im Mittel stärker gegen die Umlaufbahn geneigt als die von Triton. Deshalb weist der Zwergplanet ausgeprägte Jahreszeiten mit stark wechselnder Sonneneinstrahlung an den Polen auf. Eis lagert sich dadurch bevorzugt in der äquatorialen Zone des Zwergplaneten ab. Bei Triton ist die Situation durch die Kombination der Umlaufbahnen des Mondes und seines Planeten sehr viel komplizierter. Doch im Mittel ist die Achsneigung im Vergleich zu Pluto gering, es ist daher an den Polen dauerhaft kühler und Eis lagert sich dort bevorzugt ab.
Die unterschiedlichen klimatischen Bedingungen führen auch dazu, dass sich in der Atmosphäre von Pluto komplexe Moleküle auf Kohlenstoff-Basis bilden können. Diese Tholine lagern sich auf der Oberfläche ab und machen diese dunkler. Insbesondere sind sie für die auffällig rötliche Region Belton Regio auf dem Zwergplaneten verantwortlich. Solche Gebiete gibt es auf Triton nicht – seine Oberfläche ist gleichmäßig hell.
Bertrand und seine Kollegen können also die Unterschiede der beiden Himmelskörper auf Basis dieser Effekte erklären, ohne unterschiedliche Anfangsbedingungen für Pluto und Triton annehmen zu müssen. Die Forscher sehen darin eine weitere Bestätigung der Annahme, dass beide Himmelskörper im Kuiper-Gürtel, entstanden sind.
Bildquelle: NASA