US 708 verlässt die Galaxis mit einer Geschwindigkeit von 1200 Kilometern pro Sekunde

Garching - Der 25.000 Lichtjahre entfernte Stern US 708 verlässt mit einer Geschwindigkeit von 1200 Kilometern pro Sekunde die Milchstraße. Er ist damit der schnellste Ausreißer-Stern, den Astronomen bislang aufgespürt haben. Und er stellt die bislang favorisierte Theorie der Sternenforscher über den Ursprung der Sternen-Ausreißer infrage. Das supermassive Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße schleudert in diesem Szenario einzelne Sterne mit hoher Geschwindigkeit hinaus. Doch die Bahn von US 708 lässt sich nicht mit einer Herkunft aus dem galaktischen Zentrum in Einklang bringen, so ein internationales Forscherteam im Fachblatt „Science“.

„Hypergeschwindigkeitssterne bewegen sich mit Geschwindigkeiten, die größer sind als die Fluchtgeschwindigkeit der Galaxis“, erläutern Stephan Geier von der Europäischen Südsternwarte ESO und seine Kollegen. Die Forscher kennen eine ganze Reihe solcher Objekte, bei denen es sich bis auf ihre ungewöhnliche Geschwindigkeit um ganz normale Sterne ähnlich unserer Sonne handelt. „Nach der weitgehend akzeptierten Theorie zerreißt das supermassive Schwarze Loch nahe vorüberziehende, enge Doppelsterne – einer der Sterne umkreist dann das galaktische Zentrum auf einer engen Umlaufbahn, der andere wird mit hoher Geschwindigkeit heraus katapultiert.“

Doch US 708 passt nicht in dieses Bild. Zum einen ist er kein gewöhnlicher Stern, sondern ein „heißer Unterzwerg“, der typischerweise als entwickelter Partner in einem sehr engen Doppelstern auftritt. Für solche Objekte funktioniert aber das einfache Katapult-Szenario nicht mehr, wie Geier und seine Kollegen ausführen. Um der Herkunft des Objekts auf die Spur zu kommen, haben die Forscher deshalb die Bahnbewegung des Schnellläufers genau analysiert. Ihr Ergebnis: Rechnet man die Bewegung zurück, so verfehlt der Stern das galaktische Zentrum um mehrere tausend Lichtjahre.

Was aber hat US 708 dann auf seine hohe Geschwindigkeit gebracht? Den Schlüssel zur Antwort auf diese Frage sehen Geier und seine Kollegen in der ungewöhnlich schnellen Rotation des Sterns. „In unserem Modell hat die Gezeitenwechselwirkung in einem engen Doppelstern-System zu dieser schnellen Drehung geführt“, so die Forscher. Der weiter entwickelte Stern des Systems ist dann als Supernova explodiert und hat dabei seinem Partner einen gewaltigen „Kick“ verpasst, der ihn auf die hohe Geschwindigkeit beschleunigt hat. Dieses Szenario könnte auch auf andere Ausreißer-Sterne zutreffen, so Geier und seine Kollegen.

Bildquelle: NASA/ESA