Langsame Rotation des roten Planeten ließ großen Trabanten abstürzen

Brüssel (Belgien) - Die beiden kleinen Monde des Planeten Mars sind vermutlich keine eingefangenen Asteroiden, sondern die letzten Überreste eines gewaltigen Einschlags vor 3,9 Milliarden Jahren. Das zeigen Computersimulationen der planetarischen Katastrophe durch ein Forscherteam aus Belgien und Frankreich. Der Einschlag eines etwa 2000 Kilometer großen Körpers führte danach zunächst zur Bildung eines mehrere hundert Kilometer großen Mondes, der jedoch bereits nach etwa fünf Millionen Jahren wieder auf den roten Planeten stürzte. Ausschlaggebend dafür war die – im Vergleich zur Erde – damals langsamere Rotation des Planeten, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Geoscience“.

„Ursprünglich hielt man Phobos und Deimos für eingefangene Asteroiden“, so Pascal Rosenberg von der Königlichen Sternwarte Belgien und seine Kollegen, „das passt zu ihrer geringen Größe und ihrer unregelmäßigen Form.“ Dieses Szenario kann jedoch weder erklären, warum die Umlaufbahnen nahezu kreisförmig sind, noch warum sie fast exakt in der Äquatorebene des Planeten liegen. Doch auch das alternative Einschlag-Szenario warf bislang eine ungelöste Frage auf: Wenn es beim Mars ähnlich wie bei der Erde oder beim Zwergplaneten Pluto einen großen Einschlag gab, warum ist dann nicht auch ein großer Trabant wie der Erdmond oder Plutos Begleiter Charon entstanden?

Die Simulationen von Rosenblatt und seinen Kollegen liefern nun eine Antwort darauf. Das Team geht davon aus, dass ein etwa 2000 Kilometer großer Himmelskörper mit dem jungen Mars kollidierte, das große nördliche Borealis-Basin schuf und über hunderttausend Milliarden Tonnen Gesteinstrümmer ins All schleuderte. Ganz ähnlich wie bei der Entstehung des Erdmonds sammelten sich die Trümmer in einer rotierenden Scheibe um den Planeten und bildeten zunächst einen großen Mond. Weiter außen in der Scheibe entstanden zudem, wie die Simulationen zeigen, mehrere kleinere Monde.

Doch dann verlief die Entwicklung bei Erde und Mars ganz unterschiedlich. Da die junge Erde sehr viel schneller rotierte als der Mars, wanderte bei ihr durch die Gezeitenwechselwirkung der Mond langsam nach außen. Beim Mars jedoch näherte sich der Mond auf einer Spiralbahn dem Planeten und stürzte schließlich herab. Eben dieses Schicksal ereilte auch die meisten der kleineren äußeren Monde – Phobos und Deimos sind also die letzten Überlebenden eines ursprünglich größeren Systems. Doch nur die Bahn von Deimos ist auf Dauer stabil: Phobos nähert sich pro Jahr um etwa zwei Zentimeter dem roten Planeten und wird voraussichtlich in 20 bis 40 Millionen Jahren durch die wachsenden Gezeitenkräfte zerrissen.

Bildquelle: A. Trinh, Königl. Sternwarte Belgien