James Webb Space Telescope liefert neue Erkenntnisse über die Oberfläche von Charon

Auf der Oberfläche des Plutomonds Charon gibt es neben einer Vielzahl bereits bekannter Stoffe auch gefrorenes Kohlendioxid und Wasserstoffperoxid. Das zeigen Beobachtungen eines internationalen Forschungsteams mit dem James Webb Space Telescope. Der Nachweis von Wasserstoffperoxid zeige einmal mehr die überragenden Fähigkeiten des großen Weltraumteleskops, so die Wissenschaftler. Die auf der Erde häufig als Bleich- und Desinfektionsmittel genutzte Substanz entstehe auf Charon vermutlich durch Strahlung aus dem Weltall, schreiben die Forscher im Fachblatt „Nature Communications“.

„Die hochentwickelten Fähigkeiten des Webb-Teleskops haben es unserem Team ermöglicht, das von Charon reflektierte Sonnenlicht bei wesentlich längeren Wellenlängen zu untersuchen, als es mit früheren Fernrohren möglich war“, erklärt Ian Wong vom Space Telescope Science Institute in den USA. „So können wir unser Wissen über die komplexen Vorgänge auf der Oberfläche dieses faszinierenden Objekts erweitern.“

Pluto – der nach seiner Entdeckung 1930 zunächst als neunter Planet unseres Sonnensystems gezählt wurde – gilt heute als Zwergplanet. Denn er ist zwar von runder Form wie ein Planet, zieht aber im Gegensatz zu den größeren Planeten seine Bahn nicht allein um die Sonne. Vielmehr ist Pluto nur eines – wenn auch das größte - von vielen Tausenden von Objekten im so genannten Kuiper-Gürtel jenseits des Planeten Neptun. Der 2375 Kilometer große Himmelskörper umrundet die Sonne auf einer stark elliptischen Bahn in der 30- bis 50-fachen Entfernung der Erde von der Sonne.

Erst 1978 entdeckten Himmelsforscher den großen Pluto-Mond Charon. Mit einem Durchmesser von 1212 ist er im Vergleich zu Pluto erstaunlich groß, weshalb Astronomen das Paar oft als Doppel-Zwergplanet bezeichnen. Inzwischen sind vier weitere, kleinere Trabanten von Pluto bekannt. Charon ist vermutlich – ähnlich wie der Mond der Erde – durch den Zusammenstoß von Pluto mit einem weiteren großen Körper des Kuiper-Gürtels entstanden. Und auch die kleineren Begleiter sind nach Ansicht der Himmelsforscher Überreste dieser Kollision.

Im Juli 2015 passierte die amerikanische Raumsonde New Horizons das Pluto-Charon-System und lieferte erstmals detaillierte Informationen über diese fernen Himmelskörper. Auf der Oberfläche der Himmelskörper fanden die Forscher Wassereis, Stickstoff, Ammoniak und Tholine, rotbraune Moleküle aus Kohlenstoff, Stickstoff und Wasserstoff. Die neuen Beobachtungen von Charon mit dem Webb-Teleskop ergänzen dies nun um Kohlendioxid und Wasserstoffperoxid.

„Das Kohlendioxid stammt vermutlich aus dem Inneren von Charon und wurde durch Einschläge kleinerer Himmelskörper freigesetzt“, erklärt Silvia Protopapa vom Southwest Research Institute in den USA, die die Beobachtungen leitete. Schwieriger war es für die Wissenschaftler, die Existenz von Wasserstoffperoxid zu erklären, das auf der Erde mit einem komplizierten chemischen Verfahren hergestellt wird.

Vermutlich bilde sich der Stoff unter dem Einfluss der ultravioletten Strahlung der Sonne und hochenergetischer Teilchen des Sonnenwinds und der kosmischen Strahlung, so das Team. Mithilfe von Laborexperimenten konnten die Forscher tatsächlich zeigen, dass Wasserstoffperoxid unter Bedingungen, wie sie auf Charon herrschen, in Mischungen aus Kohlendoxid und Wassereis entstehen kann.

Bildquelle: Nasa