Das Schwarze Loch V404 Cygni hat zwei Sterne als Partner

Astronomen kennen viele Schwarze Löcher, die einen normalen Stern als Partner haben. Jetzt ist ein Forschungsteam zufällig darauf gestoßen, dass ein Schwarzes Loch nicht nur mit einem, sondern sogar mit zwei Sternen ein gemeinsames System bildet. Überraschend sei dabei insbesondere, dass der zweite Stern das Schwarze Loch in einem sehr großem Abstand umkreise, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.

Schwarze Löcher entstehen, wenn Sterne mit sehr großer Masse ihren nuklearen Energievorrat verbraucht haben und in sich zusammenstürzen. Dabei stoßen die Sterne zugleich einen großen Teil ihrer äußeren Hülle explosiv ins All ab. Die sterbenden Sterne leuchten dann für einige Zeit als „Supernova“ hell auf. Das Innere der Sterns kollabiert derweil je nach Masse zu einem Neutronenstern oder eben zu einem Schwarzen Loch.

Da die Explosion der äußeren Sternenhülle nicht symmetrisch verläuft, bekommt die entstehende Sternenleiche einen kräftigen Stoß verpasst. Dieser „Kick“ durch den Rückstoß der Supernova schleudert den Neutronenstern oder das Schwarze Loch auf eine neue Bahn durch die Milchstraße. Wenn der sterbende Stern Mitglied eines engen Doppelsystems ist, so reißt der Kick den durch die Schwerkraft an das Schwarze Loch gebundenen Sternenpartner mit sich. Tatsächlich kennen Astronomen zahlreiche Neutronensterne und Schwarze Löcher, die enge Paare mit normalen Sternen bilden und sich auf Bahnen bewegen, die auf einen kräftigen Kick bei der Entstehung hindeuten.

Anders sieht die Situation aus, wenn der sterbende Stern einen Partner in einer sehr weiten Umlaufbahn hat. Hier ist die Bindung durch die Schwerkraft zu schwach – durch den Stoß bei der Entstehung des Schwarzen Lochs würde dieser Partnerstern verloren gehen. Deshalb war es für Kevin Burdge vom Massachusetts Institute of Technology in den USA und seine Kollegen überraschend, bei dem Schwarzen Loch V404 Cygni auf einen Sternenbegleiter in der 3500-fachen Entfernung der Erde von der Sonne zu stoßen. Es ist das erste Mal, dass Astronomen bei einem Schwarzen Loch nicht nur einen, sondern zwei Partnersterne finden.

Dabei handelte es sich um eine eher zufällige Entdeckung, wie Burdge berichtet. Das Team war in den Archivdaten vieler Observatorien auf der Suche nach bislang unbekannten Schwarzen Löchern in der Milchstraße. Aus reiner Neugierde sah sich Burdge dabei auch Aufnahmen von V404 Cygni an, ein bereits seit 1992 bekanntes Schwarzes Loch mit der neunfachen Masse unserer Sonne, 8000 Lichtjahre von der Erde entfernt.

Alle sechseinhalb Tage wird dieses Schwarze Loch auf einer engen Bahn von einem normalen Stern umkreist. Da die Bahn so eng ist, erscheinen V404 und sein Begleiter selbst auf Aufnahmen großer Fernrohre nur als ein einziger Lichtpunkt. Doch zur Verwunderung von Burdge gab es direkt daneben ein weiteres Lichtpünktchen – und dieses weckte die Neugierde des Forschers.

V404 Cygni ist eines der am besten untersuchten Schwarzen Löcher, so Burdge, über 1300 Forschungsarbeiten wurden zu diesem Objekt veröffentlicht. Aber niemand hatte sich bislang, so schien es, um den Lichtpunkt in dessen Nähe Gedanken gemacht. Burdge und sein Team gingen dem Rätsel nach – und stellten anhand weiterer Archivdaten des europäischen Astrometrie-Satelliten Gaia fest, dass es sich nicht um einen zufällig in gleicher Richtung stehenden Stern, sondern um einen Begleiter des Schwarzen Lochs handeln müsse. Anhand der vorliegenden Daten und weiterer Beobachtungen konnte das Team ermitteln, das der Stern eine Umlaufzeit von etwa 70.000 Jahren um das Schwarze Loch hat und etwa vier Milliarden Jahre alt ist.

„Wir dachten bislang, die meisten Schwarzen Löcher würden bei der Explosion von Sternen entstehen“, erklärt Burdge, „doch diese Entdeckung stellt diese Ansicht infrage.“ Möglicherweise habe der Ursprungsstern des Schwarzen Lochs nicht, wie angenommen, seine Hülle abgestoßen, sondern sei komplett ohne Explosion implodiert. „Das wirft die Frage auf, ob es noch mehr solcher Dreifach-Systeme gibt“, so der Forscher. Das Team empfiehlt daher, die bekannten Paare aus Schwarzen Löchern und normalen Sternen sorgfältig nach weiter entfernten Partnern abzusuchen.

Bildquelle: Jorge Lugo