Ungewöhnlicher Strahlungsausbruch stellt Erklärung „schneller Radioblitze“ infrage

Nur für wenige tausendstel Sekunden traf am 9. Februar vergangenen Jahres energiereiche Radiostrahlung auf die Antennen des „Canadian Hydrogen Intensity Mapping Experiment“ CHIME. Doch dieser schnelle Radioblitz hatte es in sich. Wie ein internationales Forschungsteam jetzt im Fachblatt „Astrophysical Journal Letters“ berichtet, hatte der Blitz seinen Ursprung am falschen Ort: im äußeren Bereich einer alten elliptischen Galaxie. Und von dort erwarten Astronomen keine solchen Radioblitze.

Seit ihrer Entdeckung im Jahr 2006 sorgen die nur Millisekunden andauernde Ausbrüche energiereicher Radiostrahlung für Kopfzerbrechen bei den Astronomen. Ihr Ursprung liegt in fernen Galaxien – aber was kann die Ursache der schnellen Radioblitze sein? Die Himmelsforscher vermuten Magnetare als Quelle der Strahlung, Neutronensterne mit extrem starken Magnetfeldern. Solche Magnetare entstehen, wenn sehr massereiche Sterne am Ende ihres Lebens als Supernova explodieren. Der Kern dieser Sterne stürzt dabei in sich zusammen und bildet ein extrem kompaktes Objekt – eben einen Magnetar.

Massereiche Sterne haben eine vergleichsweise kurze Lebensdauer – sie misst nach Millionen von Jahren, während unsere Sonne beispielsweise bereits 4,5 Milliarden Jahre alt ist. Deshalb finden Astronomen Magnetare stets in Sternentstehungsregionen mit vielen jungen Sternen. Und tatsächlich kommen schnelle Radioblitze typischerweise aus Galaxien mit aktiver Sternentstehung. „Doch das ist hier nicht der Fall“, erläutert die Radioastronomin Tarraneh Eftekhari von der Northwestern University in den USA, die das Team leitet. „Wir finden keine Anzeichen für junge Sterne in dieser Galaxie.“

Der von den Astronomen unter der Bezeichnung FRB 20240209A katalogisierte Radioblitz erwies sich zum Glück für das Team als Wiederholungstäter: Zwischen Februar und Juli 2024 konnten die Forscher insgesamt 21 weitere Strahlungsausbrüche der gleichen Quelle registrieren. Sechs davon wurden auch von einer weiteren, 60 Kilometer entfernten Radioantenne aufgefangen. Damit konnten Eftekhari und ihre Kollegen sehr genau die Position der Radioquelle am Himmel ermitteln.

Sie richteten die Teleskope des Keck und des Gemini Observatoriums auf diese Himmelsregion – und stießen dort auf eine zwei Milliarden Lichtjahre entfernte, 11,3 Milliarden Jahre alte elliptische Galaxie ohne jedes Anzeichen von aktiver Sternentstehung. Mehr noch: Der Radioblitz stammt nicht aus dem Inneren der Galaxie, sondern aus einer 130.000 Lichtjahre von ihrem Zentrum entfernten Randregion, wo es kaum noch Sterne gibt.

Unter den knapp einhundert Radioblitzen, deren Herkunftsort Astronomen bislang genau bestimmen konnten, gibt es lediglich einen einzigen vergleichbaren Fall: Der im Januar 2020 registrierte Ausbruch FRB 20200120E hatte seinen Ursprung in einem – ebenfalls alten – Kugelsternhaufen im Außenbereich der zwölf Millionen Lichtjahre entfernten Spiralgalaxie M81.

Eftekhari und ihre Kollegen vermuten deshalb, dass FRB 20240209A ebenfalls aus einem bislang unentdeckten Kugelsternhaufen stammt. Die Astronomen haben bereits Beobachtungszeit beim Weltraumteleskop James Webb beantragt, um diesen Sternhaufen aufzuspüren. Die Idee dahinter: In Kugelsternhaufen stehen die Sterne sehr eng beieinander, es kommt daher häufig zu Zusammenstößen und Verschmelzungen von Sternen. Und Zusammenstöße von Neutronensterne könnten, so die Wissenschaftler, zur Bildung von Magnetaren auch abseits von Sternentstehungsgebieten führen und so diese ungewöhnlichen Radioblitze erklären.

Bildquelle: Vishwangi Shah et al. / McGill U.