Sternmodelle können die Pulsationen nicht erklären – schnelle Rotation könnte die Ursache sein
Versoix (Schweiz) - Damit hatten die Astronomen nicht gerechnet: Bei einer jahrelangen Messreihe zur Katalogisierung veränderlicher Sterne in einem Sternhaufen stießen Forscher aus der Schweiz auf Sterne, die es der Theorie nach so nicht geben dürfte. Die Himmelsobjekte zeigen periodische Helligkeitsschwankungen, die von den derzeit besten Sternmodellen nicht vorhergesagt werden. Die Wissenschaftler vermuten, dass eine extrem schnelle Rotation die Sterne zu Pulsationen anregt. Das Team berichtet im Fachblatt „Astronomy & Astrophysics“ über die Entdeckung.
„Die Existenz dieser neuen Klasse von veränderlichen Sternen ist eine Herausforderung für die Astrophysiker“, sagt Sophie Saesen von der Sternwarte Genf. „Die derzeitigen theoretischen Modelle sagen voraus, dass ihre Strahlung in keiner Weise periodisch schwanken sollte.“ Saesen und ihre Kollegen haben sieben Jahre lang die Helligkeit von 3000 Sternen im 7000 Lichtjahre entfernten Sternhaufen NGC 3766 mit hoher Genauigkeit überwacht. Insgesamt fanden sie 163 variable Sterne, 36 davon gehören der zuvor unbekannten Klasse an.
Die Helligkeit dieser Sterne schwankt mit Perioden von 2 bis 20 Stunden um rund 0,1 Prozent. Die Gründe dafür sind zwar noch unbekannt, aber es gibt einen wichtigen Hinweis: Die Sterne scheinen schneller zu rotieren als andere. Die Geschwindigkeit beträgt mehr als die Hälfte des kritischen Werts, oberhalb dessen Sterne instabil werden und Materie ins Weltall abstoßen. „Unter derartigen Bedingungen hat die Rotation einen wichtigen Einfluss auf die inneren Eigenschaften eines Sterns“, erläutert Teamleiter Nami Mowlavi. Die Forscher vermuten, dass die schnelle Eigendrehung den Stern zu Schwingungen anregt. „Aber noch sind wir nicht in der Lage, die Helligkeitsänderungen adäquat zu modellieren.“
Die Astronomen gehen davon aus, dass es noch weitere Sterne des neuen Typs mit Schwankungen gibt, die unter der bisherigen Nachweisgrenze ihrer Beobachtungsprojekts liegen. Und natürlich sollte es solche Objekte auch in anderen Sternhaufen geben. Mowlavi, Saesen und ihre Kollegen regen deshalb zu weiteren Beobachtungen an, um die Zahl der neuen Objekte zu erhöhen. Und sie hoffen darauf, dass die Theoretiker ihr Augenmerk auf den Zusammenhang zwischen Rotation und möglichen Pulsationen richten, um die mysteriösen Variationen der Sterne möglichst schnell zu erklären.
Bildquelle: ESO