Raumsonde schwenkt in Umlaufbahn um Kometen

Paris (Frankreich) - Es war eine lange Reise: Vor zehn Jahren startete die Raumsonde Rosetta ins All, sechs Milliarden Kilometer hat sie zurückgelegt. Nun hat sie ihr Ziel erreicht: Am Mittwoch soll das Raumfahrzeug in eine Umlaufbahn um den Kometen mit dem unaussprechlichen Namen „Tschurjumow-Gerasimenko“ einschwenken. Es ist ein Novum in der Raumfahrtgeschichte – und kein leichtes Unterfangen. Denn Kometen sind kleine Körper, nur einige wenige Kilometer groß, und besitzen eine entsprechend geringe Schwerkraft.

Deshalb schleicht sich Rosetta von hinten an „Tschuri“ an: Sie folgt ihm auf seiner Bahn in das innere Sonnensystem und passt ihre Geschwindigkeit langsam an den kleinen Himmelskörper an. Kleine Kurskorrekturen reichen dann aus, um die Sonde in hundert Kilometern Abstand in einen Orbit einschwenken zu lassen. Dabei ist Rosetta auf sich selbst gestellt. Denn zur Zeit ist der Komet 400 Millionen Kilometer von der Erde entfernt – Funksignale benötigen für diese Strecke etwa 20 Minuten, viel zu lange, um die Sonde per Fernsteuerung zu dirigieren. Stattdessen muss sich Rosetta an den Sternen orientieren und selbständig Bahnmanöver durchführen.

Schon die ersten, von der Sonde bei der Annäherung an den Kometen zur Erde gesendeten Bilder sorgten für eine Überraschung: „Tschuri“ ist nicht rund, sondern zeigt eine seltsame Doppelstruktur – er ähnele einer Gummiente, so die Rosetta-Forscher. Möglicherweise waren „Kopf“ und „Rumpf“ der kosmischen Ente einst separate Körper. Mit ihren Instrumenten konnte Rosetta auch schon die Temperatur des Kometen messen. Mit minus 70 Grad Celsius ist sie 20 bis 30 Grad wärmer als von den Wissenschaftlern erwartet. Das deute auf viel Staub und Gestein, aber wenig Eis auf der Oberfläche.

Kometen sind Überbleibsel aus der Frühzeit des Sonnensystems: keine festen, felsigen Körper, sondern ein Gemisch aus Gesteinsbrocken und Staub, eingebettet in gefrorene, flüchtige Substanzen wie Wasser, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Methan. Bei der Annäherung an die Sonne verdampfen die flüchtigen Bestandteile und führen zur Entstehung des charakteristischen Schweifs. Bereits im April konnte Rosetta den Beginn dieser Aktivität beobachten. „Tschuri“ stößt derzeit etwa 300 Gramm Wasserdampf pro Sekunde ins All aus.

Diesen Vorgang hoffen die Forscher bald aus nächster Nähe zu beobachten. Rosetta soll sich dem Kometen Stück für Stück bis auf etwa 20 Kilometer nähern. Im November setzt die Sonde dann – ein weiteres Novum – das kleine Landegerät Philae auf dem Kometenkern ab. Die geringe Schwerkraft des Kometenkerns erschwert die Landung: Damit der nur 90 Zentimeter große Lander nicht wieder ins All zurückprallt, verankert er sich mit einer Art Harpune im Boden. Mit einem zwei Meter langen Greifarm kann er dann aus der Kruste des Kometen Proben entnehmen und in seinem bordeigenen Labor analysieren. In seinem Inneren enthält „Tschuri“ möglicherweise unverfälschte Materie aus der Entstehungszeit unseres Sonnensystems. Philae könnte deshalb neue Erkenntnisse über die Herkunft des Wassers auf der Erde und vielleicht sogar über den Ursprung des Lebens liefern.

Bildquelle: ESA