Heidelberg - Die Galaxie HDF 850.1 ist bereits seit über einem Jahrzehnt bekannt – doch erst jetzt offenbart sie den Astronomen ihre wahre Natur: Mit 12,6 Milliarden Lichtjahren ist sie deutlich weiter entfernt und größer als bislang angenommen. Und sie erzeugt 800-mal mehr neue Sterne als unsere Milchstraße. Das zeigen Beobachtungen im Übergangsbereich zwischen Mikrowellen- und Radiostrahlung durch ein internationales Forscherteam mit deutscher Beteiligung. HDF 850.1 sei vermutlich das frühe Exemplar einer großen Hauptgalaxie eines Galaxienhaufens und liefere damit neue Erkenntnisse über die Entstehung der größten Strukturen im Kosmos, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.
„Über ein Jahrzehnt lang war es nicht möglich, die Entfernung, Größe und Masse dieser Galaxie zu bestimmen“, erklären Fabian Walter vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg und seine Kollegen. Denn HDF 850.1 ist zwar im Bereich der Submillimeter-Strahlung – Strahlung mit Wellenlängen unterhalb von einem Millimeter – die hellste Galaxie im „Hubble Deep Field“, eine der am besten untersuchten Himmelsregionen. Aber im optischen Licht ist das Sternsystem unsichtbar. Dadurch konnten die Astronomen die normalen Verfahren zur Bestimmung der physikalischen Größen von Galaxien nicht anwenden.
Dank der Weiterentwicklung der Detektortechnik konnten Walter und sein Team nun jedoch erstmals im Millimeterwellen-Bereich die sogenannte Rotverschiebung der Galaxie und damit ihre Entfernung ermitteln. Die Ausdehnung des Weltalls seit dem Urknall streckt die Strahlung ferner Himmelsobjekte auf ihrem Weg zur Erde, sie verschiebt sie also zu längeren Wellenlängen. Dieser Rotverschiebung genannte Effekt ist umso stärker, je länger die Strahlung unterwegs, je größer also auch die Entfernung ist. Die Astronomen können daher aus der Verschiebung die Entfernung berechnen – und damit dann auch die anderen physikalischen Größen eines Objekts.
Die Messungen von Walter und seinen Kollegen zeigen, dass HDF 850.1 eine „Starburst-Galaxie“ ist, ein System, in dem explosionsartig neue Sterne entstehen. Außerdem befindet sich das Sternsystem inmitten einer Region mit sehr vielen weiteren, schwächeren Galaxien. Die Forscher vermuten, dass diese Region ein junger Galaxienhaufen ist und HDF 850.1 die zentrale Hauptgalaxie dieser Ansammlung – eine bislang unterschätzte Riesengalaxie in der Wachstumsphase. Die Beobachtungen liefern damit einen Einblick in die frühe Entwicklungsphase der großräumigen Strukturen unseres Universums.