Forscher präsentiert neuen theoretischen Ansatz für einen „Warp-Antrieb“
Aus der Science-Fiction ist er nicht wegzudenken: Ohne einen überlichtschnellen Antrieb wären rasante Reisen von Stern zu Stern nicht vorstellbar. Der Bau eines solchen „Warp-Antriebs“ könnte tatsächlich möglich sein, behauptet jetzt der Astrophysiker Erik Lentz von der Universität Göttingen. Im Fachblatt „Classical and Quantum Gravity“ präsentiert er theoretische Lösungen für „Solitonen“ genannte Verzerrungen der Raumzeit, mit denen überlichtschnelle Reisen realisierbar sein könnten – ohne lästige Ärgernisse wie negative Energie und das Zwillingsparadoxon.
Der nächste Stern, Proxima Centauri, ist vier Lichtjahre von uns entfernt. Das Licht benötigt also vier Jahre von dort zur Erde – und schneller als das Licht kann sich nichts bewegen. Das ist eine der Kernaussagen der Relativitätstheorie von Albert Einstein. Zugleich ermöglicht eben diese Theorie es trotzdem, erheblich schneller als in vier Jahren Proxima Centauri zu erreichen. Denn für ein Raumschiff, dass sich mit nahezu Lichtgeschwindigkeit bewegt, schrumpfen aufgrund der relativistischen Längenkontraktion die Abstände in Bewegungsrichtung. So ließe sich die Flugzeit für Astronauten – genügend Antriebsenergie vorausgesetzt – durchaus auf Monate oder gar Wochen reduzieren. Allerdings hat die Angelegenheit einen Haken: Von außen betrachtet bewegt sich das Raumschiff keineswegs schneller als das Licht, es vergehen also über vier Jahre für den Flug. Diese relativistische Zeitdilatation führt zum berühmten Zwillingsparadoxon: Ein von der Erde nach Proxima Centauri und zurück gereister Astronaut ist zwar nur wenige Monate gealtert, sein auf der Erde zurückgebliebener Zwilling aber ist über acht Jahre älter geworden. Keine allzu praktische Reisemethode also.
Im Jahr 1994 präsentierte der mexikanische Physiker Miguel Alcubierre dann eine überraschende Lösung für eine Art Warp-Antrieb: eine mit der Relativitätstheorie in Einklang stehende Verzerrung der Raumzeit, die den Raum vor einem Raumschiff zusammenzieht und hinter dem Raumschiff dehnt. Innerhalb dieser Verzerrung bewegt sich das Raumschiff nicht, es gibt also keine Zeitdilatation. Die Verzerrung führt jedoch dazu, dass der Reiseweg sich beliebig verkürzen lässt. Doch auch dieser „Alcubierre-Antrieb“ hat einen Haken: Er lässt sich nur mit einer Materieform realisieren, die eine negative Energiedichte besitzt – und solche Materie gibt es nicht.
Lentz behauptet jetzt, dieses Problem gelöst zu haben: In seiner Arbeit präsentiert er eine neue Form raumzeitlicher Verzerrungen – Solitonen, also eine Art stehender Wellen –, die sich ohne exotische Materie realisieren lassen sollten. Ein weiterer Vorteil: Innerhalb der Verzerrung verläuft die Zeit genauso schnell wie außerhalb, es kommt also nicht zum Zwillingsparadoxon. „Damit liegen überlichtschnelle Phänomene im Bereich der bekannten Physik“, freut sich der Forscher. „Diese Arbeit hat das Problem des Reisens mit Überlichtgeschwindigkeit einen Schritt weg von der theoretischen Forschung in der Grundlagenphysik und näher an die Technik gebracht.“ Allerdings sind die Energiemengen für den Antrieb gewaltig: Die Reise eines 200 Meter großen Raumschiffs nach Proxima Centauri erforderte etwa das Hundertfache der Masse des Planeten Jupiter. Lentz zeigt sich jedoch optimistisch, dass sich diese astronomischen Energieanforderungen durch weitere Forschungsarbeiten noch erheblich senken lassen.
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