Erste Analysen der Gesteinsproben vom Asteroiden Ryugu veröffentlicht
Etwas über ein Jahr ist es her, dass die japanische Raumsonde Hayabusa-2 eine Probenkapsel über Australien abwarf. Darin enthalten: 5,4 Gramm Gesteinskörnchen von der Oberfläche des erdnahen Asteroiden Ryugu. Jetzt haben zwei internationale Forscherteams die Ergebnisse erster vorsichtiger, zerstörungsfreier Untersuchungen der Gesteinsproben veröffentlicht. Das Material ist dunkler, poröser und zerbrechlicher als erwartet, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Astronomy“.
Ryugu ist etwa 900 Meter groß, kreuzt die Bahn der Erde und ist vom „C-Typ“, das bedeutet: Er enthält viel Kohlenstoff. „Asteroiden vom C-Typ sind vermutlich noch sehr ursprüngliche kleine Körper aus der Entstehungszeit des Sonnensystem“, erläutern Toru Yada von der japanischen Weltraumbehörde JAXA und seine Kollegen. „Das Gestein ist angereichert mit Wasser und organischen – Stoffen und kann uns deshalb Auskunft geben über die Entwicklung des Sonnensystems und insbesondere der Bausteine des Lebens.“
Das von Hayabusa-2 zur Erde beförderte Material besteht aus kleinen Körnchen mit maximalen Größen im Millimeter-Bereich, wie die Analyse von Yada und seinem Team zeigt. Mit einer Dichte von 1,28 Gramm pro Kubikzentimeter sind die Körnchen leichter als typisches Meteoritengestein, so die Forscher – es sei offenbar selbst auf kleinsten Skalen noch sehr porös. Zum Vergleich: Typische irdische Sandkörner besitzen eine Dichte von 2,65 Gramm pro Kubikzentimeter. Die hohe Porosität zeigt nach Ansicht der Forscher, dass Ryugu aus den Trümmern der Kollision zweier größerer Körper entstanden ist. Überraschend für die Forscher ist außerdem die Dunkelheit des Ryugu-Gesteins: Es reflektiert lediglich zwei Prozent des eingestrahlten Lichts, muss also viele dunkle, kohlenstoffhaltige Substanzen enthalten.
Cédric Pilorget von der Universität Paris-Saclay in Orsay und seine Kollegen haben die Gesteinsprobe mit einem speziellen – in Frankreich gebauten – Mikroskop sprichwörtlich „unter die Lupe“ genommen. Das MicrOmega getaufte Gerät zeigt die mineralogische und molekulare Beschaffenheit der Gesteinskörnchen bis hinab auf eine Skala von Hundertstel Millimetern. Auch diese Analyse zeigt, dass das Gestein „hydratisiert“, also mit Wassermolekülen angereichert ist und viele organische Stoffe enthält. „Diese ersten spektralen Untersuchungen zeigen, dass Ryugu aus einer faszinierenden Vielfalt von Gesteins-Körnchen aufgebaut ist“, schreiben Pilorget und seine Kollegen.
Hyabusa-2 war am 3. Dezember 2014 gestartet und hatte Ryugu am 27. Juni 2018 erreicht. Die Sonde setzte insgesamt vier Lander auf der Oberfläche ab, die sich wegen der geringen Schwerkraft an der Oberfläche verankern mussten. Mithilfe von Schwungmassen konnten die kleinen Geräte über die Oberfläche hüpfen – teilweise bis zu 70 Meter weit. Die Hauptsonde setzte zwei Mal auf der Oberfläche auf und entnahm mit einer speziellen Vorrichtung Bodenproben. Am 13. November 2019 machte sich Hayabusa-2 dann auf den Rückweg zur Erde.
Die Gesteinsproben werden seit der Landung der Kapsel unter extremen Reinheitsbedingungen im Extraterrestrial Samples Curation Center in Japan aufbewahrt: Sie dürfen unter keinen Umständen durch irdische Einflüsse verunreinigt werden. „Die Proben sind bislang einzigartig“, so Pilorget, „sie können dazu beitrage, ein neues Bild von der Entstehung und Entwicklung des Sonnensystems zu erhalten.“ Nach den ersten zerstörungsfreien Analysen stehen künftig Teile des Proben auch anderen Forschungsgruppen in aller Welt für weitergehende Laboruntersuchungen zur Verfügung.
Bildquelle: JAXA