Astronomen spüren unerwartet schweres Element in der Hochatmosphäre zweier „heißer Jupiter“ auf
Die beiden Exoplaneten WASP-76b und WASP-121b enthalten in ihrer Hochatmosphäre das schwere Element Barium. Das zeigen hoch auflösende Spektren, die am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile gewonnen wurden. Es ist das bislang schwerste Element, dass in der Atmosphäre von Planeten bei anderen Sternen nachgewiesen werden konnte. Und es stellt die Astronomen vor ein Problem: Bei der starken Anziehungskraft der beiden Planeten sollten sich keine derart schweren Stoffe hoch in der Atmosphäre befinden, schreiben die Entdecker im Fachblatt „Astronomy & Astrophysics“.
„Das Barium sollte sehr schnell aus der oberen Atmosphäre nach unten absinken“, erläutert Olivier Demangeon von der Universität Porto in Portugal. „Im Augenblick haben wir keine Ahnung, welcher Mechanismus dieses Element in die Höhe transportiert.“ Bei den beiden 640 und 860 Lichtjahre von der Erde entfernten Planeten handelt es sich um „heiße Jupiter“ – Gasplaneten also, die Bezüglich Größe und Masse dem Jupiter in unserem Sonnensystem ähneln, ihren Zentralstern jedoch mit einer Umlaufzeit von weniger als zwei Tagen auf einer sehr engen Bahn umkreisen. Durch die Nähe des Sterns beträgt die Temperatur der Atmosphären etwa 2000 Grad Celsius.
Solche Planeten sind für Astronomen besonders lohnende Beobachtungsobjekte. „Da sie hauptsächlich aus Gas bestehen und sehr heiß sind, besitzen sie ausgedehnte Atmosphären“, sagt Demangeon, „deshalb können wir ihre Atmosphären sehr viel leichter beobachten und untersuchen als jene von kleineren und kühleren Planeten“. Bei diesen Beobachtungen hilft den Himmelsforschern zudem die Lage der Planetenbahnen: Sie sind gerade so orientiert, dass die Planeten von der Erde aus gesehen regelmäßig vor ihrem Zentralstern vorüberziehen.
Bei diesen „Transits“ decken die Planeten einen Teil des Sterns ab und schwächen so sein Licht – und diese regelmäßigen Verdunkelungen helfen bei der Entdeckung der Planeten. Entscheidend für Untersuchungen wie die von Demangeon und seinen Kollegen ist dabei, dass ein kleiner Teil des Sternenlichts durch die Atmosphäre des jeweiligen Planeten hindurch strahlt. In diesem Teil des Sternenlichts hinterlässt die Atmosphäre eine Art Fingerabdruck: Die Stoffe, aus denen die Atmosphäre besteht, absorbieren das Sternenlicht bei charakteristischen Wellenlängen.
Anhand dieser „Spektrallinien“ können die Forscher dann die Stoffe identifizieren, aus denen die Atmosphäre des Planeten besteht. Das ganze Verfahren ist allerdings aufwändig und kompliziert. Zunächst benötigen die Forscher einen hochauflösenden Spektrographen, ein spezielles Zusatzgerät am Teleskop, dass die Strahlung in seine Wellenlängen zerlegt. Und dann müssen die Astronomen alle Einflüsse des Sterns und auch der irdischen Atmosphäre aus den Daten eliminieren.
Demangeon und seine Kollegen konnten zunächst eine Vielzahl von Stoffen bestätigen, auf die bereits frühere Beobachtungen Hinweise geliefert hatten. Neu aufgespürt haben die Forscher außerdem Kobalt und Strontium. Und dann stießen sie auf Spektrallinien von Barium – und zweifelten zunächst daran, dass diese tatsächlich von den Exoplaneten stammen. „Wir hatten nicht nach Barium gesucht“, sagt Azevedo Silva von der Universität Porto, „denn wir haben dort kein Barium erwartet.“ Erst nach weiteren Überprüfungen waren die Wissenschaftler von ihrer überraschenden Entdeckung überzeugt.
Der Nachweis von Barium in den Atmosphären von gleich zwei heißen Jupitern deute nach Ansicht der Forscher darauf hin, dass solche schweren Elemente häufig in den Atmosphären von extrem heißen Jupitern auftreten könnten. Es müsse bislang unbekannte atmosphärische Strömungen geben, die solche Stoffe in die Hochatmosphäre transportieren.
Bildquelle: NASA, ESA, and J. Olmsted (STScI)