Astronomen beobachten 8,5 Milliarden Lichtjahre entfernte Katastrophe

Vor 8,5 Milliarden Jahren kam es im noch jungen Kosmos zu einer Katastrophe: Ein sehr massereiches Schwarzes Loch im Zentrum einer Galaxie zerriss mit seiner Schwerkraft einen Stern. Mit zahlreichen Teleskopen auf der Erde und im Weltall konnten Astronomen im Februar dieses Jahres die Strahlung des fernen Ereignisses auffangen. Wie die Wissenschaftler in den Fachblättern „Nature“ und „Nature Astronomy“ berichten, erzeugte die Katastrophe einen hochenergetischen Materiestrahl, der nahezu exakt auf die Erde gerichtet war.

Wenn ein Schwarzes Loch einen Stern zerreißt – die Astronomen sprechen von einem „Tidal Disruption Event“, kurz TDE – fallen die Trümmer in das Schwarze Loch hinein und leuchten dabei hell auf. Knapp hundert Kandidaten für derartige Ereignisse haben die Himmelsforscher inzwischen registriert. In seltenen Fällen kann durch das Magnetfeld des Schwarzen Lochs ein Teil der einfallenden Sternenmaterie als stark gebündelter Materiestrahl – Jet genannt – weit ins All hinaus schießen.

„Wenn die Richtung eines solchen Jets durch einen glücklichen Zufall mit unserer Sichtlinie übereinstimmt, erhöht sich die Helligkeit des Ereignisses um mehrere Größenordnungen“, erläutern Dheeraj Pasham vom Massachusetts Institute of Technology in den USA und seine Kollegen. Dadurch kann die Katastrophe über weit größere Entfernungen hinweg beobachtet werden. Und genau das war bei dem Ereignis mit der Katalogbezeichnung AT 2022cmc der Fall.

Zuerst entdeckt wurde das Ereignis am 11. Februar mit der Zwicky Transient Factory, einem Spezialteleskop zum Nachweis kurzzeitiger Himmelsereignisse. Rasch wurden Astronomen in aller Welt alarmiert – und so konnten die Forscher die ferne Katastrophe in allen Wellenlängen-Bereichen vom Radiobereich bis hin zur Röntgenstrahlung beobachten. AT 2022cmc ist erst das vierte TDE, bei dem ein solcher hochenergetischer Jet nachgewiesen konnte – und es besitzt die bislang größte Entfernung von der Erde.

Aus der Stärke der in verschiedenen Wellenlängen-Bereichen abgestrahlten Energie und dem langsamen Abklingen der Strahlung konnten die Forscher einige Informationen über das Schwarze Loch gewinnen. Mit maximal zehn Millionen Sonnenmassen ist es astronomisch gesehen relativ klein – Schwarze Löcher in Galaxienzentren können bis zu mehreren Milliarden Sonnenmassen enthalten. Die Daten zeigen zudem, dass es vermutlich schnell rotiert. Zur Überraschung der Forscher scheint das Magnetfeld im Bereich des Jets schwächer zu sein, als es theoretische Modelle vorhersagen. „Das ist eine Herausforderung für unser Verständnis von der Entstehung solcher Jets“, so Pasham und seine Kollegen.

Bildquelle: Carl Knox – OzGrav, ARC Centre of Excellence for Gravitational Wave Discovery, Swinburne University of Technology