Ihre Umlaufbahnen sind seit acht Milliarden Jahren stabil

Gleich mehrere Planeten umkreisen den etwa hundert Lichtjahre entfernten Stern HD110067 – doch wie viele und auf welchen Umlaufbahnen war für die Astronomen bislang ein Rätsel. Genaue Beobachtungen eines internationalen Forschungsteams mit dem europäischen Weltraumteleskop Cheops lieferten jetzt die Lösung: Es handelt sich um insgesamt sechs Planeten, die in Resonanz – also im Gleichtakt – um den Stern kreisen. Und das ist höchst ungewöhnlich, denn es bedeutet, dass die Umlaufbahnen seit etwa acht Milliarden Jahren stabil geblieben sind, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.

Vor drei Jahren stieß das Weltraumteleskop TESS der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa auf schwache Helligkeitsänderungen bei dem Stern, der mit 80 Prozent des Durchmessers etwas kleiner, aber mit über acht Milliarden Jahren fast doppelt so alt ist wie unsere Sonne. Solche Änderungen treten regelmäßig auf, wenn Planeten von der Erde aus gesehen vor dem Stern vorüberziehen und ihn deshalb etwas abdunkeln. Die meisten der über 5500 bekannten Planeten bei anderen Sternen haben sich durch solche „Transits“ verraten.

Mindestens zwei Planeten müssten HD110067 umkreisen, folgerten die Astronomen aus den TESS-Daten, doch so recht wollten die Helligkeitsschwankungen nicht zu möglichen Umlaufbahnen passen. Auch weitere Messungen mit TESS im Jahr 2022 brachten keine Klarheit. Rafael Luque von der Universität Chicago und seine Kollegen haben den Stern deshalb mit Cheops noch einmal genauer unter die Lupe genommen.

Das im Dezember 2019 gestartete Weltraumteleskop überwacht im Gegensatz zu TESS nicht die Helligkeit vieler Sterne auf einmal, sondern beobachtet mit hoher Genauigkeit einzelne Sterne, bei denen bereits Planeten bekannt sind, um detaillierte Informationen über diese Systeme zu erhalten. „So konnten wir ganz gezielt nach Signalen suchen, die zu potenziellen Umlaufbahnen passen“, erläutert Luque. Und damit hatte das Team Erfolg.

Anhand der Cheops-Daten konnten die Forscher zunächst drei Planeten mit Umlaufzeiten von 20,5 Tagen, 13,7 Tagen und 9,1 Tagen nachweisen. Und das war höchst ungewöhnlich, denn diese Perioden stehen jeweils im ganzzahligen Verhältnis von 3:2 zueinander. „Resonanzen“ nennen die Himmelsforscher solche Beziehungen. Computermodelle der Entstehung von Planetensystemen zeigen, dass Planeten häufig auf Umlaufbahnen entstehen, die in Resonanz zueinander stehen.

Doch solche Zustände sind delikat und können durch vielerlei Einflüsse – einen nah vorüberziehenden Stern oder Einschläge von Asteroiden – aus dem Gleichgewicht gebracht werden. „Die Architektur dieses Planetensystems ist demnach jedoch seit seiner Geburt nahezu unverändert geblieben“, betonen Luque und seine Kollegen. Damit liefert das ungewöhnliche System einen Einblick in seine Entstehungsgeschichte, der bei anderen Sternen mit ihren durch Störungen veränderten Orbits nicht mehr möglich ist.

Neben den Transits der drei so entlarvten Planeten blieben in den Daten von Cheops aber immer noch einige zunächst unerklärliche Helligkeitsänderungen des Sterns zurück. Doch jetzt konnten Luque und seine Kollegen einen Trick anwenden: Da die Architektur des Systems noch im ursprünglichen Zustand ist, sollten sich auch weitere Planeten in Resonanz zueinander bewegen. Auf diese Weise konnten die Forscher schließlich alle Beobachtungen mit drei weiteren Planeten mit Umlaufzeiten von 30,8 Tagen, 41,1 Tagen und 54,8 Tagen erklären.

Die sechs Planeten sind alle zwischen zwei- und dreimal so groß wie die Erde. Zusätzliche Beobachtungen mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile lieferten den Astronomen außerdem Informationen über die Massen der Planeten. Dabei zeigte sich eine weitere Besonderheit des Planetensystems: Offenbar handelt es sich bei den sechs Begleitern von HD110067 nicht um „Super-Erden“, also größere Gesteinsplaneten, sondern um eine Art Miniaturausgaben des Planeten Neptun mit ausgedehnten Atmosphären.

Damit sei das System von HD110067 ein ideales Beobachtungsobjekt für das Weltraumteleskop James Webb, so die Forscher: Mit seinem großen Spiegel könne es die Zusammensetzung der Planetenatmosphären bestimmen und den Forschern so wertvolle Informationen über die Natur solcher Mini-Neptuns liefern.

Bildquelle: CC BY-NC-SA 4.0, Thibaut Roger/NCCR PlanetS