Forschungsteams untersuchen Bodenproben des Asteroiden Bennu

Auf dem etwa 500 Meter großen Asteroiden Bennu gab es einst salzhaltiges Wasser, in dem komplexe organische Moleküle entstehen konnten. Darunter neben zahlreichen Aminosäuren auch alle fünf Nukleobasen, die Grundbausteine des Erbmaterials aller irdischen Lebensformen. Das zeigt die Untersuchung von Bodenproben, die von der Raumsonde Osiris-Rex im September 2023 zur Erde gebracht wurden. Zwei internationale Forschungsteams berichten in den Fachblättern „Nature“ und „Nature Astronomy“ jetzt über die Ergebnisse ihrer Analysen.

„Wir haben den nächsten Schritt auf dem Weg zur Entstehung des Lebens entdeckt“, freut sich Timothy McCoy von der Smithsonian Institution in den USA über die Resultate. Zwar hat bereits die Untersuchung von Meteoriten – Bruchstücken von Asteroiden – gezeigt, dass einfache Lebensbausteine wie Aminosäuren sich schon im jungen Sonnensystem gebildet haben können. Doch Meteoriten sind stets durch die irdische Umgebung verunreinigt und verändert.

Deshalb ist es für die Forscher von großer Bedeutung, unverfälschte Proben von Asteroiden zu erhalten. Als geeignetes Ziel für eine „Sample Return“-Mission identifizierten die Forscher Bennu, der auf einer ähnlichen Bahn um die Sonne kreist wie die Erde und dabei immer wieder die Erdbahn kreuzt. Im September 2016 war es endlich soweit: Die Nasa-Sonde Osiris-Rex machte sich auf den Weg zu dem Asteroiden, den sie im Oktober 2018 erreichte.

Nachdem Osiris-Rex Bennu zwei Jahre lang erforscht hatte, sammelte sie im Oktober 2020 mithilfe eines Roboterarms insgesamt 120 Gramm Staub und kleine Gesteinsbrocken von der Oberfläche des Asteroiden. Die Sonde machte sich anschließend auf den Rückflug zur Erde und warf dort Im September 2023 die Bodenproben in einer versiegelten Kapsel ab. Kleine Mengen der Asteroiden-Materie wurden an zahlreiche Forscherteam in aller Welt verteilt – unter größten Sicherheitsvorkehrungen, um eine Kontaminierung der wertvollen Fracht mit irdischen Stoffen zu verhindern.

McCoy und seine Kollegen stießen in den von ihnen untersuchten Proben auf überraschend viele unterschiedliche salzhaltige Mineralien. Diese Mineralien haben sich, so die Schlussfolgerung der Forscher, auf einem größeren Asteroiden, dem Ursprungskörper von Bennu, in langsam verdampfenden, stark salzhaltigen Wasser abgelagert. Eine derartige Umgebung bot, so die Wissenschaftler weiter, ideale Bedingungen für die Entstehung komplexer organischer Moleküle. „Organisch“ nennen die Forscher Stoffe auf Basis des Elements Kohlenstoff. Alles Leben auf der Erde basiert auf kohlenstoffhaltigen Molekülen.

Und solche organischen Moleküle konnte das zweite Team um Daniel Glavin vom Goddard Space Flight Center der Nasa nachweisen – und zwar in einer ganz unerwarteten Fülle. Die Forscher fanden Tausende unterschiedlicher Moleküle auf der Basis von Kohlenstoff, darunter 14 der 20 Aminosäuren, die als Bausteine von Proteinen in allen irdischen Lebensformen vorkommen, sowie mit Adenin, Guanin, Cytosin, Thymin und Uracil alle Nukleobasen der RNA und der DNA auf der Erde.

„Wir wissen damit, dass die Rohstoffe für die Entstehung von Leben sich auf dem Ursprungskörper von Bennu auf interessante und komplexe Weise miteinander kombiniert haben“, erläutert McCoy. Und Bennu ist vermutlich keine Ausnahme – auch auf anderen Himmelskörpern im jungen Sonnensystem dürften ähnliche Prozesse abgelaufen sein. Die Ergebnisse der Teams liefern also starke Argumente für die These, dass viele Bausteine des Lebens bereits durch Meteoriten zur Erde gelangt sind.

Bildquelle: NASA