Aufnahmen der Sonde „Solar Orbiter“ zeigen: Magnetfeld der Sonne polt sich um

Am Südpol der Sonne geht es derzeit unruhig zu: Aufnahmen der europäischen Raumsonde „Solar Orbiter“ zeigen ein chaotisches Durcheinander von Regionen mit unterschiedlichen magnetischen Polaritäten. „Solar Orbiter“ ist die erste Sonde, die Bilder vom Südpol der Sonne liefert. Die heute veröffentlichten Aufnahmen gelangen, nachdem „Solar Orbiter“ durch einen Vorbeiflug an der Venus im Februar seine Umlaufbahn geändert hatte.

Aufgrund ihrer Entstehung in einer rotierenden Scheibe aus Gas und Staub um die junge Sonne ziehen alle Planeten ihre Bahnen nahezu in der Äquatorebene unseres Zentralgestirns. Und auch Raumsonden bewegen sich im Allgemeinen in dieser „Ekliptik“ genannten Ebene. Damit war den Forschern bislang ein Blick von „oben“ oder „unten“ auf die Sonne verwehrt. Doch die Polregionen sind von großem Interesse für das Verständnis der magnetischen Aktivität der Sonne.

Mit „Solar Orbiter“ wollen die Wissenschaftler diesen Missstand nun beheben. Die Anziehungskraft der Venus hat die Sonde auf eine um 17 Grad gegen die Ekliptik geneigte Bahn versetzt – und damit im März erstmals einen Blick auf die Südpolregion der Sonne ermöglicht. Einzig die Jupitersonde „Ulysses“ war von 1994 bis 2001 mehrfach über die Pole der Sonne hinweg geflogen, hatte aber keine Kameras an Bord. „Wir wussten also nicht, was wir zu erwarten hatten“, erläutert Sami Solanki vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, der für eine der Kameras an Bord des „Solar Orbiter“ verantwortlich ist. „Die Pole der Sonne sind im Sinne des Wortes Terra Incognita“.

Das Magnetfeld der Sonne kehrt sich etwa alle elf Jahre um – und dieser Vorgang beginnt zurzeit maximaler Sonnenaktivität an den Polen. Und in dieser Phase befindet sich die Sonne im Augenblick. „Wie dieser Vorgang im Einzelnen abläuft, verstehen wir bislang nicht vollständig“, so Solanki. „Solar Orbiter erreicht seine Bahn also gerade zur rechten Zeit, damit wir den Vorgang aus dieser vorteilhaften Perspektive beobachten können.“ So zeigen die Aufnahmen der Sonde erstmalig, wie sich die magnetische Polarität derzeit von „Süd“ auf „Nord“ ändert.

„Solar Orbiter“ verbleibt jetzt für anderthalb Jahre in seiner leicht geneigten Umlaufbahn. Im Dezember 2026 fliegt die Sonde erneut an der Venus vorüber und erhält dann eine Bahnneigung von 24 Grad. Und im Juni 2029 soll ein weiteres Rendezvous mit dem Planeten die Bahnneigung sogar auf 33 Grad steigern.

Bildquelle: ESA & NASA/Solar Orbiter/PHI, EUI & SPICE Teams